Wissenschaft im Dienst der bayerischen Geschichte seit 1927
Bei ihrer Gründung 1858 war der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zunächst auch der Bereich der bayerischen Geschichte zugedacht worden. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde 1927 in Bayern eine staatlich geförderte Institution zur Erforschung der Landesgeschichte gegründet. Die treibende Kraft hinter diesem Schritt war Michael Doeberl (1861–1928), damals Inhaber des Münchener Lehrstuhls für Bayerische Geschichte. Entsprechend einer Verordnung des damaligen bayerischen Gesamtministeriums wurde also 1927 die Kommission für bayerische Landesgeschichte gegründet und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften angegliedert. Alle Arbeit der Kommission erfolgte in den ersten 25 Jahren ihrer Existenz ohne hauptamtlichen Mitarbeiter, Vorstände, Schriftführer und Herausgeber waren meist ehrenamtlich tätig.
Gründungsauftrag im Widerspruch zur nationalsozialistischen Ideologie
Die Kommission für bayerische Landesgeschichte sollte sich wissenschaftlich mit der Geschichte Bayerns befassen und vornehmlich den föderalen Gedanken im Freistaat und im Reich stärken. Nach 1933 stand dieses Ziel jedoch im Widerspruch zur nationalsozialistischen Ideologie, die die mehr als tausendjährige staatliche Tradition Bayerns ignorierte. Der Vorstand der Kommission spiegelte damals die unterschiedlichen Aspekte der politischen Landschaft: Georg Leidinger (1870–1945) galt als protestantisch-national, Otto Riedner (1879–1937) als katholisch-konservativ und Karl Alexander von Müller (1882–1964) als den Nationalsozialisten zugewandt.
Ähnlich divers setzte sich die Kommission selbst zusammen. Zu ihren Mitgliedern zählten sowohl Opfer als auch Aktivisten und Profiteure des NS-Regimes. Der Erlanger Historiker Bernhard Schmeidler (1879–1959) blieb trotz seiner 1935 erfolgten Entfernung aus dem Dienst aktives Mitglied der Kommission. Der Münchner Archivar Ivo Striedinger (1868–1943) wurde 1939 zum ordentlichen Mitglied gewählt, vom Ministerium wegen der Ehe mit einer Nichtarierin jedoch nicht ernannt. Dem Nationalsozialismus nahe standen hingegen Bartholomäus Eberl (1883–1960) und Josef Franz Knöpfler (1877–1963). Insgesamt konnte der wissenschaftliche Standard der Kommissionsveröffentlichungen in dieser Zeit gewahrt werden. Die Kommission gehörte nicht der Reichsschrifttumskammer an.
Neubeginn und Weiterentwicklung: Max Spindler und Karl Bosl
1946 konnte die Kommission für bayerische Landesgeschichte ihre Arbeit wieder aufnehmen. Ihren Neueinstieg und ihre Arbeit in Nachkriegsjahren prägte vor allem Max Spindler (1894–1986). Spindler betonte die staatspolitische Bedeutung der bayerischen Landesgeschichte. Er initiierte die beiden großen Langzeitprojekte Historischer Atlas von Bayern und Historisches Ortsnamenbuch. Anerkennung und Unterstützung erhielt Spindler vor allem von Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (SPD, 1887–1980), der dafür sorgte, dass der bayerische Staat der Kommission die ihr 1927 zugesagten staatlichen Zuschüsse wieder gewährte; darüber hinaus wurde auch eine erste besoldete Mitarbeiterstelle eingerichtet.
Unter der Vorstandschaft von Karl Bosl (1908–1993) öffnete sich die Kommission ab 1960 dann auch verstärkt den Fragestellungen der Sozial- und Gesellschaftsgeschichte. 1962 wurde das Institut für Volkskunde mit Bibliothek und Sammlungsbeständen an die Kommission angegliedert.
Neue Satzung, Geschäfts- und Wahlordnung
1963 trat eine neue Satzung in Kraft, die von der Kommission beschlossen und vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus bestätigt wurde. Ihr folgte 1976 die heute gültige Geschäfts- und Wahlordnung, sie wurde 1984 weiter präzisiert, indem eine Vorwahl und eine definitive Wahl eingeführt wurden. Der ursprüngliche Aufgabenbereich hat noch immer seine Gültigkeit: Die Förderung und Zusammenfassung der planmäßigen Erforschung und Bearbeitung der bayerischen Geschichte.
Die Vorsitzenden der Kommission für bayerische Landesgeschichte seit 1927
Amtszeit | Lebensdaten | Weitere Funktionen | |
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1927–1928 | 1861–1928 | Professor für bayerische Landesgeschichte, LMU München | |
1928–1929 (komm.) | 1879–1937 | Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns, München | |
1929–1945 | 1870–1945 | Direktor der Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek, München | |
1946 (komm.) | 1871–1949 | Professor für klassische Philologie und Pädagogik, LMU München | |
1946–1959 | 1894–1986 | Professor für bayerische Landesgeschichte, LMU München | |
1960–1977 | 1908–1993 | Professor für bayerische Landesgeschichte LMU München | |
1978–1994 | 1922–2012 | Professor für bayerische Landesgeschichte, LMU München | |
1994–1998 | *1937 | Professor für bayerische Landesgeschichte, LMU München | |
1999–2014 | *1945 | Professor für bayerische Landesgeschichte, LMU München | |
seit 2014 | *1960 | Professor für bayerische Landesgeschichte, LMU München |