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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Ortsnamen: Zuverlässige Quellen der Geschichtsforschung

Die Ortsnamenforschung (Toponomastik) ist ein Teilbereich der wissenschaftlichen Namenforschung (Onomastik). Der Fachausdruck „Onomastik” leitet sich ab von griechisch „onoma” für Eigenname. Einen Ortsnamen bezeichnet die Wissenschaft als „Toponym”, abgeleitet vom griechischen „topos” für Ort.

Der Name eines Ortes verändert sich nicht von heute auf morgen; wie der Ort selbst ist er an eine ganz bestimmte Siedlung in einer ganz bestimmten Umgebung mit ganz bestimmten landschaftlichen Eigenheiten gebunden. Doch Sprache verändert sich, und mit ihr veränderte sich auch der Sprachgebrauch im Umgang mit Ortsnamen. Manchmal lässt sich die ursprüngliche Bedeutung gar nicht mehr erahnen oder die Namen sind so abgewandelt, dass auf den ersten Blick völlig falsche Rückschlüsse auf die Motive der ursprünglichen Namensgebung gezogen werden könnten.

Es bedarf umfassender Forschungsarbeit, will man belastbare Namenerklärungen. Wenn das gelingt, erschließen sich auf diesem Wege wertvolle Erkenntnisse zur Geschichte einer Region oder eines Landes. Ortsnamen zählen zu den ältesten bekannten Namen, nur die Namen von Gewässern (Hydronyme) können nach heutigem Kenntnisstand noch weiter zurückreichen. Aufgrund ihres hohen Alters und ihrer weitgehenden Stabilität gelten Ortsnamen als besonders zuverlässige Quellen der Geschichtsforschung.

Weit mehr als Schall und Rauch

Ein Ortsname kann bei eingehender Forschung eine Geschichte erzählen, die sich unter Umständen weit über zweitausend Jahre erstreckt. Über – tatsächliche oder vermeintliche – Sprachgrenzen und geschichtliche Entwicklungen hinweg lassen sich so oft wertvolle Einblicke in kulturelle und sprachliche Zusammenhänge gewinnen.

Ortsnamen haben zudem durchaus emotionale Aspekte: Sie vermitteln den Menschen ein Stück Identifikation mit der Region und dem Kulturraum, dem sie entstammen. Je mehr man über eine Region weiß und darüber, wie viele Kulturen sie geprägt haben, umso tragfähiger ist die Grundlage für Identifikation und für Offenheit im Hinblick auf kulturelle Vielfalt. So ist ein Ortsname tatsächlich weit mehr als Schall und Rauch; er erzählt vielmehr die Geschichte der Menschen, die hier lebten, er berichtet von wichtigen Ereignissen, einschneidenden Veränderungen und bezeugt mit einer gewissen Stetigkeit viele Phasen des Wandels.

Umfangreiche Datenbasis und erläuternde Texte

In der Ortsnamenforschung ermitteln die Wissenschaftler zu jedem Einzelnamen sowohl die schriftliche wie auch die mündliche Überlieferung, das heißt die historischen Schreibformen und die Mundartform. Auf dieser Datengrundlage erstellen sie im Anschluss ausführliche Erklärungstexte und schaffen damit eine wertvolle Grundlage für sprach- und siedlungsgeschichtliche Überlegungen. Der untenstehende Artikel zu Reutenhof im Landkreis Wertingen ist repräsentativ für Umfang und Präsentation von Ergebnissen in den aktuellen Bänden des HONB.