Volkskundliche Forschung in Bayern: Auftrag des Instituts für Volkskunde
Volkskundliche Forschung in Bayern
Am Institut für Volkskunde wird historisch und gegenwartsbezogen zur Alltagskultur der breiten Bevölkerung in Bayern geforscht. Mit dem Begriff Alltagskultur ist eine Perspektive benannt, die auf die alltägliche Lebenswelt der Menschen in unserer Gesellschaft zielt. Das Forschungsinteresse richtet sich auf die Akteure und deren Praktiken. Es geht um materielle und immaterielle Aspekte der Alltagskultur und um kulturelle Ausdrucksformen, die in sozialen Beziehungen realisiert werden. Zu Grunde liegende kulturelle Ordnungen sind ebenso von Bedeutung wie das Handeln motivierende Wertvorstellungen und Sinnkonstruktionen. Alltagskultur ist historisch geworden und wandelt sich immerzu. Ihre Analyse und Interpretation erfordern eine vielfältige Kontextualisierung der Phänomene in sozialer, wirtschaftlicher, politischer, religiöser oder weltanschaulicher u.a. Hinsicht sowie im Hinblick auf entsprechende kulturtheoretische Ansätze.
Volkskunde „fragt, warum das, was vielen ganz selbstverständlich erscheint, sich gerade so manifestiert: wie die Menschen unseres Lebens- und Erfahrungsraumes heute ihr Dasein gestalten und in den vorausgegangenen Jahrhunderten gestaltet haben, Frauen und Männer, Arme und Reiche, werktags und sonntags, auf dem Lande und in den Städten, in schweren und in guten Zeiten. Für was, wie und womit sie in unserer Zeit arbeiten und wie sie früher gearbeitet haben, wie sie sich ernähren und kleiden, was sie erzählen und singen, wovon sie leben, wie sie wohnen, was sie glauben und wissen, wie sie mit Not und Gefahren fertig werden, wie sie feiern und wie ihr Zusammenleben funktioniert.“ (Helge Gerndt, Studienskript Volkskunde, 1997)
Forschen und Sammeln
Die Bedeutung des Instituts für Volkskunde folgt aus der Aufgabenstellung, zu regional verankerten Einzelthemen und übergeordneten Querschnittsthemen zu sammeln und zu arbeiten. Seit dem frühen 20. Jahrhundert sind daher aus den verschiedenen Forschungsaktivitäten umfangreiche Sammlungen von archivalischen und visuellen Quellen zur Alltagskultur entstanden. Diese historischen Forschungsdaten werden in aktuellen Projekten systematisch erschlossen und neu interpretiert. Sie werden damit zu Grundlagen für weitere Forschungen. Die Sammlungsbestände selbst werden zudem nach konservatorischen Kriterien gepflegt.
Veröffentlichen
Die Forschungsergebnisse aus dem Institut für Volkskunde sind in Monografien oder Fachbeiträgen im Bayerischen Jahrbuch für Volkskunde und anderen Fachzeitschriften veröffentlicht. Ein weiterer wichtiger Arbeitsbereich des Instituts für Volkskunde ist es, in seinen Publikationsorganen auch die Forschungsergebnisse externer Wissenschaftler/innen zu veröffentlichen. Der Rezensionsteil des Bayerischen Jahrbuchs für Volkskunde trägt dank der Mitarbeit zahlreicher Kolleg/innen dazu bei, einen Einblick in den jeweils aktuellen Stand der volkskundlichen / europäisch-ethnologischen / kulturwissenschaftlichen / kulturanthropologischen Forschung im deutschsprachigen Raum zu geben.
Beraten
Zu den Tätigkeiten des Instituts für Volkskunde gehört es, die Fachbibliothek zu pflegen und auszubauen. Zudem beraten und betreuen die Mitarbeiter/innen des Instituts für Volkskunde Kolleg/inn/en, Studierende, Journalist/inn/en, „Heimatforscher” und interessierte Laien zu allen volkskundlichen Themen und Fragen. Dabei stehen allen Interessierten sowohl die Fachbibliothek als auch die Archive und Sammlungen für ihre Fragestellungen zur Verfügung. Die Beratungsstelle Immaterielles Kulturerbe Bayern (im Sinne der UNESCO-Konvention von 2003) befindet sich ebenfalls im Institut für Volkskunde.
Volkskundliche Forschungseinrichtungen in Bayern
In Bayern ist das Institut für Volkskunde die älteste zentrale wissenschaftliche volkskundliche Einrichtung. Es ist auch heute noch das einzige außeruniversitäre Forschungsinstitut in Bayern. Zur volkskundlichen Forschungslandschaft gehören gegenwärtig außerdem die Institute und Lehrstühle an den Universitäten in Augsburg, Bamberg, Eichstätt, München, Regensburg und Würzburg. Hier heißt das Fach zudem Europäische Ethnologie oder Vergleichende Kulturwissenschaft. Auch an zahlreichen Museen werden volkskundliche Themen präsentiert.