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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen


Jan Carstensen (Hg.)

Ene, mene, muh ... Dinge der Kindheit

(Schriften des LWL-Freilichtmuseums Detmold – Westfälisches Landesmuseum für Volkskunde 39), Münster 2017, Ardey, 143 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, meist farbig
Rezensiert von Nina Gockerell
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 12.06.2018

Es ist nicht mehr so einfach, neue Titel für die zahlreichen Spielzeug-Ausstellungen zu finden, die in den letzten Jahren in Museen gezeigt wurden und weiterhin werden. Im Freilichtmuseum Detmold wurde als Untertitel der etwas irreführende Begriff „Dinge der Kindheit“ gewählt, was wohl der ursprünglichen Intention der Ausstellungsmacher entsprach, die durch öffentliche Aufrufe eben solche „Dinge der Kindheit“ in ihr Haus bekommen wollten. Die eingereichten Objekte stellten sich dann samt und sonders als Spielsachen heraus. Und das führt direkt zu dem im Grußwort der LWL-Kulturdezernentin, im Editorial des Museumsdirektors und im einleitenden Beitrag einer wissenschaftlichen Volontärin des Freilichtmuseums arg strapazierten Begriff des partizipativen Ausstellungsprojekts. Rund einhundert Objekte wurden eingereicht, sie sollten mit ganz besonderen, einmaligen, berührenden Erzählungen verknüpft sein. Diese sehr persönlichen Geschichten sollten Auskunft geben über Familienverhältnisse und Bildungshintergründe, Konsumverhalten und soziale Situationen, über Zukunftsvisionen und Alltagsträume, über Vorlieben und Ressentiments. Dass die Objekte allesamt aus dem 20. Jahrhundert stammen, versteht sich bei diesen Vorgaben von selbst; sie reichen bis in die digitalen Spielwelten hinein. Da empfindet man es als sehr schade, dass die ausdrücklich als den Objekten sozusagen gleichwertig erachteten Geschichten nicht auf dem vielen freien Platz des geradezu verschwenderisch großformatigen Kataloges, sozusagen in einer bewussten Einheit mit dem jeweiligen Spielzeug, abgedruckt sind, sondern sich, zusammen mit den Materialangaben, in einem hinten angehängten Katalogteil verstecken und mühsam gesucht werden müssen. Als Bildunterschriften findet man dagegen eine knappe Mischung aus eher kindgerechten Überschriften und rudimentären Objektangaben.

Ein zweiter Aufsatz, auch er von einem Volontär geschrieben, befasst sich mit der Entwicklung des als Innovation der Nachkriegszeit geschilderten Kinderzimmers, die gleichzeitig mit dem Verschwinden einer ausgeprägten Klassengesellschaft zu beobachten ist und ihren Niederschlag im sozialen Wohnungsbau der 1960er Jahre fand. Mit seinem Fokus auf Radio und Fernsehen und schließlich auf Computer und Playstations im Kinderzimmer führt dieser Beitrag in die unmittelbare Gegenwart.

Der folgende Beitrag, ebenso knapp wie die drei anderen und vom selben Autor stammend, befasst sich mit selbstgemachtem Spielzeug der Kriegs- und Nachkriegsjahre und stellt einerseits fest, dass die meist aus schlechten Materialien und mit oft unzulänglichem Geschick, aber viel Zuneigung angefertigten Notspielsachen nach 1948 rasch durch die ersten industriell gefertigten Nachfolger ersetzt wurden, dass aber andererseits in vielen Familien gerade diese mit starken Emotionen behafteten Spielsachen besonders sorgfältig aufbewahrt wurden. Meist haben sie auch die interessantesten Geschichten zu erzählen.

Eine dritte Volontärin befasst sich schließlich mit den neuen Medien im Leben von Kindern und Jugendlichen und kommt zu dem Schluss, dass für Kinder heute alles Digitale selbstverständlich und alltäglich ist und sie darin ihren Eltern überlegen sind.

Der Katalog „Ene, mene, muh“ blendet auf den ersten Blick mit seinem äußerst großzügigen Layout, seinem Überformat, den guten farbigen Abbildungen. Doch weder rechtfertigt die Auswahl der gezeigten und bearbeiteten Objekte diesen Aufwand noch werden die knappen Texte dem durch den äußeren Anschein hervorgerufenen Anspruch gerecht.