Logo der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

Kommission für bayerische Landesgeschichte

Menu

Aktuelle Rezensionen


Roman Deutinger/Christof Paulus

Das Reich zu Gast in Landshut. Die erzählenden Texte zur Fürstenhochzeit des Jahres 1475

Ostfildern 2017, Thorbecke, 270 Seiten, 8 nicht paginierte Seiten mit Farbabbildungen, 1 Kartenbeilage
Rezensiert von Melanie Burgemeister
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 20.06.2018

Die Fürstenhochzeit zwischen Herzog Georg dem Reichen von Bayern-Landshut und der polnischen Königstocher Hedwig im November des Jahres 1475 zählt zu den Großereignissen des Spätmittelalters. Seine Bekanntheit in der Gegenwart geht dabei nicht zuletzt auf das alle vier Jahre aufgeführte Historienspektakel in der Stadt Landshut zurück. Für die Veranstalter wie auch für die Forschung ist dabei die Kenntnis über die historischen Sachverhalte zentral für eine nähere Beschäftigung. Gerade ein guter Zugang zu Editionen der Originalquellen ist unabdingbar. Dennoch ist die Herausgabe von Editionen abseits eigener Forschungsarbeiten selten geworden. Umso erfreulicher ist es, wenn mit dem hier zu besprechenden Band nicht nur eine neue Edition bisher unbekannter Quellen, sondern gerade auch eine Aktualisierung veralteter und verstreuter Texte vorliegt.

Die Publikation präsentiert erstmals alle erzählenden Quellen der ‚Landshuter Hochzeit‘ in einem Band. Neben den bekannten Texten wurden auch drei erst kürzlich entdeckte Beschreibungen aufgenommen. Es handelt sich um die Berichte des Katzenelnbogener Kanzleischreibers Johann Gensbein, des Elsässer Ritters Hans von Hungerstein und des aus Rostock stammenden Universitätslehrers Johannes Weise. Diese Texte erlauben neue Perspektiven auf die Hochzeit von 1475.

Daneben wurden bisher auch die bekannten Berichte nur in vereinzelten, nicht immer zuverlässigen Ausgaben publiziert. Beispielsweise war gerade der zentrale und umfangreiche Bericht Hans Seibolts nur in einer unkommentierten Edition von 1789 vorhanden. Hinzukommen in der vorliegenden Arbeit die Berichte von Veit Arnpeck, Johannes Aventinus, Jan Długosz, Matthias von Kemnath, Hans Oringen sowie der entsprechende Auszug aus den Nürnberger Jahrbüchern.

Das Ziel der Herausgeber war es, möglichst zuverlässige Texte gemäß moderner Editionskriterien vorzulegen und zu erschließen. Die Edition folgt dabei vorwiegend den Regeln der Bayerischen Archivschule. Hierdurch entsteht eine weitgehend graphiegetreue Wiedergabe mit geringfügigen Anpassungen an eine bessere Lesbarkeit.

Das Buch stellt den Quelleneditionen ein knappes Kapitel mit einleitenden Überlegungen voran. Hier werden die Sachverhalte zur Landshuter Hochzeit überblicksartig zusammengefasst. Diese Einleitung ermöglicht eine Verortung des Großereignisses in der spätmittelalterlichen Gesellschaft sowie Einblicke in bisherige Forschungstendenzen. Ergänzend wird auf die bisher weniger beachteten Dimensionen der Fürstenhochzeit verwiesen. Hierbei handelt es sich um Fragen nach dem akustischen Erlebnis, der symbolischen Kommunikation, der Luxuskritik in den Quellen, dem Umgang mit Fremdartigem im Sinne von Kulturdiffusion und nicht zuletzt der bisher vernachlässigten religiösen Bedeutung der Feier. Das Buch vermag diese Aspekte jedoch nur kurz begrifflich anzureißen, gibt jedoch dankenswerterweise zahlreiche Literaturhinweise für weitere Informationen.

Den einzelnen Quellentexten wurden editorische Hinweise, eine würdigende Einordnung sowie Überlieferungshinweise der Handschriften vorangestellt. Diese Einführungen beantworten Fragen nach der Entstehung und dem Autor, geben knapp den Inhalt wieder und bewerten die Quelle. Außerdem werden frühere Editionen aufgelistet und die Schrift und Lesbarkeit des Originals angesprochen. Vor der eigentlichen Quelle findet sich eine knappe Zusammenstellung der Überlieferung, der bisherigen Editionen sowie vorhandener Literatur zur jeweiligen Quelle. In den Fußnoten der Edition erfolgt zunächst nur der Wort- und Sachkommentar. Abweichende Lesarten und der textkritische Apparat wurden dagegen als Endnoten hinter jedem Beitrag angegeben. Dieses Vorgehen ermöglicht eine bessere Lesbarkeit der Wort- und Sachkommentare. Sehr erfreulich ist auch die neue Übersetzung der lateinischen Quellen im Zweispaltendruck, die eine schnelle Orientierung zwischen Original und Übersetzung ermöglicht.

Den Anhang bilden das umfangreiche Orts- und Personenregister, je ein Foto einer Originalseite jeder Quelle sowie eine äußerst hilfreiche tabellarische Übersicht zum Inhalt der Texte. Hier werden die Quellen sortiert nach Vorbereitungen (Organisation, Brautfahrt, Eintreffen in Landshut), den zwei Tagen der Feier (untergliedert nach Einzelereignissen) sowie übergreifenden Aspekten (Kleidung, Turniere, Geschenke, Logistik/Verpflegung und Teilnehmerlisten). Die Tabelle gibt an, welcher Autor sich zu welchem der vorgenannten Einzelaspekte äußert, so dass eine schnelle Orientierung in den teilweise sehr langen Texten möglich ist.

Besonders erwähnenswert ist das umfangreiche Register, in dem gerade die Identifizierung der fast 2000 namentlich in den Quellen genannten Teilnehmer der Hochzeit eine besondere Leistung darstellt. Wenn diese laut der Herausgeber auch nur eine erste Annäherung darstellt, so ist sie doch eine äußerst aufwändige und sinnvolle Ergänzung, die es ermöglicht, das vorliegende Buch auch als Nachschlagewerk zu benutzen.

Insgesamt ist das besprochene Werk eine sehr erfreuliche Edition und Quellenkompilation, die die wichtigen und bisher nur schwer zusammenstellbaren Texte erstmals leicht verfügbar macht. Die Erneuerung der Transkription und Übersetzung stellt hierbei eine ebenfalls äußerst positiv hervorzuhebende Leistung dar, die einen einheitlichen Standard für bestehende und neu edierte Texte setzt. Die vorangestellte Einführung hätte noch ausführlicher auf die Geschichte und die Aspekte eingehen können. Da jedoch zahlreiche Sekundärliteratur zum Thema genannt wird, ist eine gute Möglichkeit zur weitergehenden Beschäftigung angelegt worden. Es bleibt zu hoffen, dass die Idee einer thematischen Quellenzusammenstellung und Neuedition alter Texte zahlreiche Nachahmung für weitere Themenbereiche findet.