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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Heimhuber-Archiv/Klaus-Peter Mayr/Ingrid Grohe

Heimat, Heu & Haferlschuh. Das Allgäu in den 1950er-Jahren

München 2017, J. Berg, 188 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, zum Teil farbig
Rezensiert von Gabriele Wolf
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 04.09.2018

Der großformatige Bildband präsentiert überwiegend schwarz-weiße, aber auch einige farbige Aufnahmen der aus Sonthofen stammenden Fotografen Eugen Heimhuber sen. (1879–1966) und seines Neffen Fritz Heimhuber jun. (1912–1986). Sie gehören in zweiter und dritter Generation zu einer Fotografenfamilie, deren Begründer Josef Heimhuber (1853–1923) als „Fotopionier im Allgäu“ sein Geschäft 1876 begann und 1899 „Königlich Bayerischer Hofphotograph“ wurde. Er widmete sich neben der Porträtfotografie vor allem auch der Landschafts- und Bergfotografie und gründete bereits 1880 einen Ansichtskartenverlag, um diese Motive zu vermarkten und damit die Anfänge des Allgäus als Tourismusregion zu unterstützen. Heute hat die Familie, die ihr Fotogeschäft nun in fünfter Generation betreibt, in ihrem Haus in Sonthofen nicht nur ein Museum über die Frühzeit der Fotografie im Allgäu eingerichtet, sondern sie bietet auch historische Aufnahmen aus ihrem reich bestückten Archiv zum Kauf an. In der Selbstbeschreibung wird dieses als eines der „größten und besterhaltenen Fotoarchive ganz Europas“ charakterisiert; die Behauptung lässt sich allerdings nicht prüfen.

Überwiegend aus diesen Beständen wurde auch der hier vorzustellende Bildband arrangiert, ergänzt um einige Fotos anderer Herkunft. Während Letztere im Impressum verzeichnet sind, lassen sich die Fotos von Eugen und Fritz Heimhuber nicht individuell zuordnen. Klaus-Peter Mayr und Ingrid Grohe, die vor allem für regionale Zeitungen tätig sind, haben allem Anschein nach die Fotos ausgesucht und zu vier thematischen Gruppen zusammengestellt sowie die einzelnen Bilderläuterungen oder ‑kommentare verfasst. Jedem dieser kurzen Texte stellten sie ein Stichwort voran, das der Interpretation des jeweiligen Fotos quasi eine Richtung vorgibt. Genaue Datierungen der Fotos und auch präzise Ortsangaben sind leider nicht immer mitgenannt. Locker auf den Seiten verteilt sind zudem Sinnsprüche, Gedichtzeilen, Sprichwörter oder Redewendungen im Dialekt, Schlagerstrophen oder andere Zitate. Die Autoren haben neben einer Einleitung über die „1950er-Jahre im Allgäu“ (10 f.) auch jeweils zweiseitige Einführungen zu den vier Themen Alltag, Arbeitswelten, Freizeitvergnügen sowie „Brauchtum und Kultur“ geschrieben, dazu sehr knappe Porträts der beiden Fotografen Eugen und Fritz Heimhuber.

Der Band gibt Einblicke in eine Zeit wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Als die Heimhubers „mit ihren Kameras loszogen, um Bilder von den Allgäuer Menschen und der Allgäuer Landschaft zu machen, nahmen sie mit ihren Objektiven vor allem die schönen Seiten ihrer Heimat ins Visier“ (10). Analog dazu sind auch Bildauswahl und Beschreibungen gut charakterisiert, die – wie es im Klappentext heißt – „ein facettenreiches Porträt einer der reizvollsten Regionen Deutschlands“ zeichnen wollen, dabei vor allem die „guten“ und auch „guten alten“ Seiten des Alltagslebens der 1950er-Jahre hervorheben. Der Bildband hat kein wissenschaftlich volkskundlich-historisches Interesse, er will ein breites Publikum ansprechen. Die klangvollen Kapitelüberschriften mit ihren Alliterationen „Kirche, Kind & Kässpatzen“, „Schindel, Schell & Scheunentor“, „Ball, Berge & Badeseen“ und „Trachten, Tanz & Trompetenklang“ leiten die Aufmerksamkeit. Die geschätzt etwa 200 Fotos zeigen sowohl „eher traditionelle“ als auch „moderne“ Aktivitäten, der einsame Älpler vor dem Holzfeuer in der Sennhütte ist ebenso vertreten wie die Teilnehmer am Start eines Motorradrennens oder die Bus- und Autokarawane der Besucher von Skispringen in Oberstdorf, um nur drei Motive zu nennen. Trotz der allgemeinen Tendenz in der Bildauswahl werden nicht nur bekannte Klischees bedient. Das macht es spannend, diesen qualitätvoll aufgemachten Bildband durchzublättern und bei vielen Fotos auch genauer hinzuschauen.