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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Wolfgang Steiner

Glanzlichter der Raimundsreuter Hinterglasmalerei. Eine Bilddokumentation

Berlin 2018, Deutscher Kunstverlag, 352 Seiten mit 335 Farbabbildungen
Rezensiert von Wolfgang Brückner
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 29.04.2019

Der Deutsche Kunstverlag wagt seit neuestem aufwendige Bücher zum Hinterglas, die nach Format und Abbildungsqualität vorzüglich genannt werden dürfen, aber natürlich in der Herstellung nicht billig sind. Daher haben sich im vorliegenden Falle mehrere Personen und Institutionen zusammengetan: voran die beiden Hauptakteure und Hinterglassammler Wolfgang Steiner als Autor und Ludwig Stoffel als Herausgeber sowie die „Freunde des Raimundsreuter Hinterglasbildes e. V.“ und schließlich die „Kunstsammlungen und Museen Augsburg“, die schon mehrfach Steiners Stücke ausstellen durften.

Die nähere Beschäftigung mit Raimundsreut und seiner typischen Malerei sogenannter Volkskunst beginnt mit Heinrich Buchner 1936 und dessen erster archivalischer Erhebung auf dem Gesamtgebiet. 1965 folgte Alfred Fuchs mit einer Monographie. Heute nun werden die Sammlungen dreier Privatiers systematisch ausgebreitet. Die von Manfred Gottschaller ist inzwischen in das Eigentum von Ludwig Stoffel übergegangen und ergänzt dessen Stücke. Wolfgang Steiners Anteil steht im Mittelpunkt, weil dieser durch seine monumentalen Dokumentationsbände der letzten Jahre seine umfangreiche Sammlung vieler Schulen am genauesten erschlossen hat. Er verantwortet darum auch die Texte im vorliegenden Band, während Ludwig Stoffel für die Organisation des fulminanten Druckwerkes verantwortlich zeichnet. Die beiden Sammler haben natürlich auch auf Bildpublikationen aus der Fachliteratur zurückgegriffen, so dass ein wirklicher Überblick entstehen konnte. Ziel war es, möglichst faksimilierte Abbildungen für weitere Forschungen bereit zu stellen.

Raimundsreut (und Umgebung) bietet durch seine exakte örtliche wie zeitliche Zuordnung ein treffliches Beispiel für das Studium der volkstümlichen Hinterglasmalerei. Dazu hat Steiner einführende Übersichten verfasst zu den sich offenbar zeitlich wandelnden Stilelementen, zu den graphischen Vorlagen, zu den sogenannten Rissen und deren Kupferstichvorbildern, soweit hierfür schon Vorarbeiten bekannt sind. Das gilt auch für den Vertrieb durch Kraxenträger.

Den Hauptteil der Publikation nehmen die Bildtafeln von Nr. 1 bis Nr. 185 ein. Deren Reihenfolge ist nach ikonographischen Gesichtspunkten angelegt, so dass man interessante Vergleiche anstellen kann. Sie beginnt mit Adam und Eva und führt über die umfangreichen Marien- und Anna-Darstellungen zum Jesuskind und der Heiligen Familie. Dann kommt die Taufe Jesu (nicht Christi, wie es auch weiter hinten noch ungenau heißt), Jesu Abschied von seiner Mutter, der Kreuzweg und seine Stationen (Kreuzwege mit 15 Positionen enden übrigens in Süddeutschland mit St. Helena, so also auch hier, während die Nr. 135 eine gekrönte Märtyrerin und keine Helena ist).

Einzelheiten aus der Passion folgen, wie der gegeißelte Heiland oder das „Herrgottsruhebild“, dem sitzend und auf den Arm gestützt Leidenden, wie auch Aspekte der sogenannten „Geheimen Leiden“, schließlich Kreuzträger, Ecce Homo und die vielen Varianten der Kreuzigung, ein Auferstehungs-Christus, der Gute Hirte mehrfach, nur einmal ein Schutzengel, dafür viele Armeseelen-Tafeln, die einst Reinhard Haller zusammengetragen hat.

Es folgen die Gnadenbilder von Mariahilf bis Mariazell und Marialichtmess, Mariataferl, Kevelaer, Dorfen, Kojau, Altötting. Dann die marianischen Andachten zu Maria Lactans, Mater Dolorosa, Himmelfahrt, Krönung, St. Josef vor allem als Sterbepatron, Anna Selbdritt vornehmlich und häufig vom Kreuzberg bei Raimundsreut, Aposteldarstellungen verstreut, die bekannten heiligen „Madel“, voran Barbara, mehrere Elisabeth von Thüringen und all die beliebten Tagesheiligen und Schutzpatrone aus dem Jahreslauf. Für die meisten kann Steiner Augsburger Heiligenkupfer als Vorbilder danebenstellen. Den Abschluss des Kataloges bilden die vielen Varianten der Allerheiligsten Dreifaltigkeit mit wunderbaren Exemplaren, voran die großen Haussegen um den Gnadenstuhl vom oberösterreichischen Sonntagsberg. Das erbringt einen großartigen optischen Höhepunkt als Ausklang. Motiv- und Literaturverzeichnis runden den schweren Band der „Glanzlichter“ ab.