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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Martin Ortmeier

Seinerzeit auf dem Land. Alte Bilder von Frauenalltag und Männerwelt in Ostbaiern

Regenstauf 2018, SüdOst Verlag, 143 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
Rezensiert von Johann Kirchinger
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 20.05.2019

Offenbar verlangt der Buchmarkt anhaltend nach Bildbänden mit historischen Photographien des Landlebens. Insbesondere Freilichtmuseen sehen sich berufen, diese Nachfrage zu befriedigen, so auch Martin Ortmeier, Leiter der niederbayerischen Freilichtmuseen in Massing und Finsterau, der nun nach „Schee ist gwen, owa hiert“ und „Herent und drent“ seinen dritten Bildband vorlegt. Dabei versucht Ortmeier auch hier wieder, diesmal mit einem disparaten Korpus an Photographien aus „Ostbaiern, dem bäuerlichen Land südlich und nördlich der Donau“, aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, den aus einem seiner früheren Bände übernommenen Spagat zwischen kultureller Verklärung („schee is gwen“) und sozioökonomischer Tatsachenbeschreibung („owa hiert“) zu meistern. Zusammengeklammert wird das so entstandene Bild durch die Benennung des dargestellten Lebens als vormodern bereits auf dem Buchrücken. Dabei zeigen die Bilder keine „ländliche Welt vor dem Sprung in die Moderne“, sondern eine, die bereits gesprungen ist. Die Entwicklung der Photographie zum ländlichen Massenphänomen, was die Entstehung derartiger Bildbände ja erst möglich macht, zeigt dies bereits. Es werden Bilder von Landschaften und Dörfern gezeigt, die bereits Ergebnis einer intensiven und rationalisierten Landwirtschaft sind. Und es werden Bilder von Trachten gezeigt, die bereits nicht mehr Alltagsgewand sind, sondern ideologisiert. Dabei geht es Ortmeier nicht um die Bilder, sondern um die Geschichten dahinter. Es geht ihm nicht darum, wie etwas dargestellt ist, sondern um das positivistische was. Deshalb sind diese Geschichten hinter den Bildern auch stets sorgfältig und aufwändig recherchiert, weshalb Ortmeier zahlreiche Einzeldetails bringt. Das bedeutet, dass die Geschichten geradezu impressionistisch, mitunter auch sehr persönlich, auf eigenen Erfahrungen basierend, formuliert sind. Mehr als eine anekdotenhafte Aneinanderreihung von Zufälligkeiten entsteht dadurch aber für denjenigen nicht, der sich mit dem schlichten „Schee ist gwen, owa hiert“ nicht zufriedengeben mag. Dem Quellenwert jedes einzelnen Bildes für sich genommen tut dies freilich keinen Abbruch. Insofern der Wert des Bandes im Erschließen von Dokumenten liegt, ist er deshalb hoch.