Aktuelle Rezensionen
Josef Pauser/Martin P. Schennach (Hgg.)
Die Tiroler Landesordnungen von 1526, 1532 und 1573. Historische Einführung und Edition
(Fontes Rerum Austriacarum. Österreichische Geschichtsquellen, Dritte Abteilung: Fontes Iuris. Geschichtsquellen zum österreichischen Recht 26), Wien/Köln/Weimar 2018, Böhlau, 796 SeitenRezensiert von Christoph Becker
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 14.05.2019
1. In den europäischen Bibliotheken und Archiven lagert ein unermeßlicher Schatz gedruckter und ungedruckter partikularer Normtexte des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Hieraus machen Pauser (Leiter der Bibliothek des Verfassungsgerichtshofes Wien), Schennach (Universitätsprofessor in Innsbruck) und Schumacher (Mitarbeiterin der Universität Innsbruck) nun die Tiroler Landesordnung in den Fassungen von 1526, 1532 und 1573 neu zugänglich. Ihrer Ausgabe fügen sie sinnvoll als eng benachbarte Gesetze die Tiroler Malefizordnung von 1499 (sie ging im zweiten Buch der Landesordnung 1526 auf) und die das Landrecht 1573 ergänzende Tiroler Policeyordnung von 1573 bei. Die Edition ist in der Schriftenreihe der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Philosophisch-historische Klasse - Kommission für Rechtsgeschichte Österreichs) prominent platziert. Sie wurde durch Land Tirol und Autonome Provinz Bozen Südtirol/ Provincia Autonoma di Bolzano Alto Adige unterstützt.
2. Die Gesetze der Grafschaft Tirol neu herauszugeben war ein lange offenes Desiderat. Das Tiroler Landrecht nimmt in der österreichischen Rechtsgeschichte eine besondere Stellung ein, weil in anderen österreichischen Landschaften gleich umfassende Landesordnungen nicht entstanden. Die drei Tiroler Landesordnungen stehen in Stil und Inhalten aus Prozessrecht, Strafrecht, öffentlichem Recht und Privatrecht im Einklang mit anderen Rechtsreformationen des Reichs, der Territorien und der Städte. Wie allerorten reklamieren ihre Vorreden Abhilfe gegen Missstände, gute Policey, Frieden, Bewahren vor unnötigen Kosten und Schäden, gemeinen Nutzen und Wohlfahrt (S. 143-145, 239 f., 408 f.). Diesen Beispielen folgt auch die Vorrede zur Policeyordnung 1573 (S. 635-637). Wesentlich wortkarger hatte sich hingegen die Vorrede zur Malefizordnung 1499 gegeben, wo freilich ebenfalls eine Verbesserung der Rechtspflege zugesagt ist (S. 111). Man darf angesichts der Standardmäßigkeit im Duktus der Tiroler Gesetze (nicht nur in der Vorrede, sondern auch im ganzen Textverlauf) unterstellen, dass den Redaktoren der Tiroler Gesetze reichlich Anschauungsmaterial in Druckausgaben von auswärtigen Ordnungen oder Reichsgesetzen zur Verfügung stand.
3. Grundlage der Edition sind die alten Drucke, welche die Herausgeber sorgfältigst samt Nachweisung in heutigen Bibliotheksbeständen dokumentieren (S. 39-108). Eine Einführung in Entstehung, Bedeutung und Entwicklung der Landesordnungen (S. 11-37) hilft dem Leser bei Einordnung und Verständnis. Wichtig sind Angaben zum räumlichen Geltungsbereich, der die bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts zu Bayern gehörigen Gebiete Kufstein, Kitzbühel und Rattenberg ebenso ausnahm wie die italienischsprachigen südlichen Landesteile (S. 22). Die Textdurchdringung erleichtern ein umfänglicher Index (S. 685-760), ein Glossar (S. 761-779) und Konkordanzlisten (S. 781-796). Leider verzichteten die Herausgeber auf die originalen Artikelübersichten (S. 108) und ersetzten sie auch nicht durch selbsterstellte Verzeichnisse, welche systematische Analysen und Vergleiche (innerhalb der Tiroler Gesetze und darüber hinaus) erleichtern könnten. Dessen ungeachtet gebührt den Herausgebern für ihr Werk wärmster Dank.