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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen


Georg Karl Maximilian Schulz

Die Stimme Bayerns. Der Bayerische Rundfunk zwischen Tradition und Moderne

Regensburg 2018, Friedrich Pustet, 216 Seiten, zahlr. Abbildungen
Rezensiert von Egon Johannes Greipl
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 31.05.2019

Seit Jahren konzentrieren sich das Institut für Bayerische Geschichte, Ferdinand Kramer und sein Schülerkreis, auf die Erforschung der Geschichte Bayerns in der Nachkriegszeit. Zu dieser Zeit besaß der Rundfunk eine im Vergleich zu heute gewaltige Bedeutung. Er hatte ein Monopol für die Verbreitung von Meldungen und Meinungen über den Äther, er war ein Mittel der Beeinflussung der Massen. Hätte es den Rundfunk schon 1918 gegeben, wäre die Revolution vermutlich anders verlaufen. In Bayern startete der Rundfunk im Jahre 1922 (Deutsche Stunde in Bayern GmbH, seit 1932 Bayerische Rundfunk GmbH). Über den „Reichssender München“ (seit 1934) erreichte die NS-Propaganda praktisch jedes kleinste Dorf. Nicht verwunderlich ist es daher, dass die Alliierten in der letzten Phase des Weltkrieges darauf achteten, alle Sender im Reich möglichst funktionsfähig in die Hand zu bekommen und für ihre Zwecke zu nutzen. Ab 1945 betrieben die Amerikaner den ehemaligen Reichssender München als Radio München. Schulz untersucht die Rundfunkpolitik der Besatzungsmacht, die Übergabe des Senders in bayerische Hände schon Anfang 1949 und die Enzwicklung des Bayerischen Rundfunks, wie er jetzt hieß, bis in die frühen 1950er Jahre.

In der Untersuchung wird deutlich, wie sich der Rundfunk von einem Instrument der reeducation zu einer Institution wandelt, die unter erheblichem Einfluss der bayerischen Nachkriegspolitik, personifiziert in Alois Hundhammer (CSU), vor allem im kulturellen Bereich der Förderung der Identität Bayerns dienen, ein konservatives Bayernbild formen und auf diese Weise den Freistaat in Distanz zur NS-Vergangenheit bringen sollte. Diesem Zweck diente eine auch entschlossene Personalpolitik, die vor allem geborene Bayern förderte und u. a. den in CSU-Kreisen bestens vernetzten Alois Johannes Lippl, der schon im Juli 1945 ein Grundsatzpapier zu einem künftigen Sender ausgearbeitet hatte, in entscheidende Positionen brachte.

Bedauerlicherweise widmet sich Schulz zu sehr einer detaillierten Darstellung der politischen Entwicklung in Bayern und verliert dabei das Thema Rundfunk stellenweise aus dem Blick. Es ist zu wenig, wenn nur die eher knappen Biographien von Schlüsselfiguren vorgestellt werden, wie Rudolf Scholtz (Gründungsintendant), Walter von Cube (Chefkommentator), Clemens Münster und Alois Fink (Kulturabteilung), Rudolf Didczuhn (Unterhaltung) und Eugen Jochum (Leiter des Rundfunkorchesters). Hingegen wäre es nötig gewesen, die Organisation des Bayerischen Rundfunks in der Form eines interpretierten Organigramms bis in die unteren Ebenen darzustellen, mehr die dort tätigen Personen in den Blick zu nehmen und dabei auch den Komplex der freien Mitarbeiter zu berücksichtigen. Gerne würde man etwas erfahren über den Etat des Rundfunks und die Schwerpunkte der Finanzierung. Diese Aspekte kommen aber nicht vor. Dankbar wiederum ist man für den Abschnitt 10 mit seinen detaillierten Informationen zur Rezeption der Sendungen des Bayerischen Rundfunks bei der Hörerschaft. Nebenbei: Bei der Optimierung der sprachlichen Form hätte hie und da das Lektorat etwas herzhafter zupacken können.