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Robert Zöllner
Eine Kulturgeschichte des Dorfes am Beispiel des mittleren Aurachtales in Franken
(Schriften und Kataloge des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim 81), Bad Windsheim 2018, Verlag Fränkisches Freilandmuseum, 520 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, meist farbig, ISBN 978-3-946457-03-9Rezensiert von Walter Hartinger
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 03.07.2020
Dem gleichen Autor verdanken wir eine thematisch und regional vergleichbare Studie aus dem Jahr 2013: „Dörfer im Umbruch. Bauen, Wohnen und Wirtschaften auf der nördlichen Frankenhöhe 1800–1975“, auch sie erschien in der Schriftenreihe des Fränkischen Freilandmuseums. Hier wie in der neuen Monografie wird demonstriert, zu welch eindrucksvollen Darstellungen die intime Kenntnis von archivalischen, fotografischen, in der Feldforschung erhobenen und in persönlicher Anschauung verankerten Quellen eine lokale und regionale Untersuchung zu gelangen vermag.
Eine „Kulturgeschichte des Dorfes“ liegt hier gleichwohl nicht vor, dazu fehlt es an der differenzierenden großräumigen Verortung, an der zeitlichen Präzisierung und an der systematischen Durchgliederung einstigen ländlichen Lebens in seiner Fülle, die kaum in einer einzigen Abhandlung ausgeschöpft werden könnte. Gleichwohl überschreitet dieses opulente Werk den Horizont von Hausbeschreibungen und damit verbundenen lokalen Ausstellungen, denen es seine Entstehung verdankt, um ein Erhebliches.
Dieser Mehrwert ergibt sich aus zwei Sonderleistungen des Autors: zum einen aus einer etwa 100 Seiten starken Einführung in das Thema des politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlich-kulturellen Lebens, in dem sich die Dörfer Klausaurach, Mettelaurach, Buchen und Morbach (in der Nähe von Markt Erlbach bzw. Bad Windsheim) seit ihrer Gründung im frühen bis hohen Mittelalter entwickeln konnten. Ich weiß nicht, was mich mehr beeindruckte: die umfassende Belesenheit des Autors in der allgemeinen Forschungslage oder die subtile und reflektierte Anwendung auf seine Beleg-Beispiele.
Zum anderen ist es die Fähigkeit von Robert Zöllner, die zentrale Darstellung der Geschichte einzelner Häuser (100–506) immer wieder zu verbinden mit Kabinett-Stückchen thematischer Ausweitung, wo diese am gegebenen Fall wie selbstverständlich anschließen konnten. So erfährt der Leser wie beiläufig, aber an jeweils einem konkreten Beispiel angeknüpft, Wissenswertes zum Schulwesen, über das Leben im Wirtshaus, die Armenpflege, Eheverträge, Migrationsströme, den Bau von Kellern, Städeln und Wohnhäusern, Änderungen der Wirtschaftsweise, Dienstboten und Tagelöhner, über Brotbacken und Einwecken, Leineweben, Schmieden und Töpfern… Aufgrund dieser Vielfalt könnte man sich glatt mit dem allgemeinen Anspruch einer „Kulturgeschichte des Dorfes“ anzufreunden beginnen.
Formal bietet sich das Buch dar als Kombination einer mehr oder weniger geschlossenen fortlaufenden Abhandlung, illustriert mit einer beeindruckenden Fülle von erhellenden Bildern, aber durchschossen von selbständigen Klein-Themen, die in der Regel auf gelbem Hintergrund abgesetzt sind. Dies erschwert die fortlaufende Lektüre, ermuntert aber gleichzeitig zur stückweisen Konsumation kleinerer Happen, nahezu ideal für die Lektüre am Feierabend oder in einer anderen Mußestunde. Man möchte fast von einem modernen „Volksbuch“ sprechen; auch dies die ausschließliche Leistung des Autors, der das Layout allein zu verantworten hat. Ich gestehe gern, dass ich selten eine thematisch vergleichbare Monografie nach der Lektüre ähnlich zufrieden aus der Hand gelegt habe.