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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Brigitte Bachmann-Geiser

Geschichte der Schweizer Volksmusik

Basel 2019, Schwabe, 399 Seiten mit 187 Abbildungen, teils farbig, 2 CDs, ISBN 978-3-7965-3853-7
Rezensiert von Astrid Reimers
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 10.07.2020

Als eine Zusammenfassung ihrer in rund 45 Jahren erschienenen Veröffentlichungen zu Volksmusik und Volksmusikinstrumenten der Schweiz legt Brigitte Bachmann-Geiser nun eine „Geschichte der Schweizer Volksmusik“ vor. Beginnend bei archäologischen Funden und der Auswertung von historischen Zeugnissen reicht ihre Schau bis in die Gegenwart hinein, wobei nicht nur die deutschsprachigen, sondern auch die rätoromanischen, französisch- und italienischsprachigen Landesteile mit ihren Bezügen zu Frankreich und Norditalien Beachtung finden. Dabei unterscheidet Bachmann-Geiser zwischen traditioneller und experimenteller Volksmusik auf der einen und volkstümlicher Unterhaltungsmusik auf der anderen Seite. Ihr Interesse gilt zwar vor allem der traditionellen Volksmusik, so werden vor allem jene Bräuche beschrieben, die eine Anbindung an die Vergangenheit haben. Gleichzeitig aber betrachtet die Autorin die traditionelle Volksmusik auch als eine bis in die Gegenwart lebendige Volksmusikszene, indem sie ihrem Wandel, ihren Erweiterungen und experimentellen Neuerungen nachgeht.

Als erstes widmet sich die Verfasserin den traditionellen vokalen Traditionen wie dem Bättruef (Alpsegen), dem Kühreihen und den verschiedenen Jodelarten (angefangen von den Lockrufen für verschiedene Tiere bis hin zu den urbanen Jodelkursen oder den Jodelliedern der Amischen aus Berne/Indiana) sowie dem Schweizer Volkslied mit seinen Quellen. Auch der Kühreihen begann seinen Weg als Arbeitslied, wandelte sich im Laufe seiner Geschichte zur instrumentalen Salonmusik, zur Touristenattraktion, schließlich auch zur Repräsentationsfolklore und fand Eingang in klassische Kompositionen. In der ausführlichen Beschreibung von elf ausgewählten Volksliedern wird auch deren gegenwärtige Rezeption berücksichtigt, etwa die Verwendung der Melodie von „Lueget vo Bergen und Tal“ als Telefonsignal oder ihre Verarbeitung durch den syrischen Musiker Hassan Taha im Jahr 2017.

Anschließend stehen die Volksmusikinstrumente im Mittelpunkt der Betrachtung. Hier zeigt sich Bachmann-Geisers langjährige Spezialisierung auf Musikinstrumente. Alle Instrumente werden ausführlich mit ihrer Herkunft, Bauweise, Geschichte und Verwendung dokumentiert, angefangen von historischen Belegen bis hin zur Gegenwart. Vergleichbar der musikalischen Ausdrucksformen haben auch die Musikinstrumente mehrere Funktionen, so dienen etwa Kuhglocken nicht nur dem Auffinden von Tieren, sondern sie sind auch Bestandteil von Bräuchen. Schellen werden als Bordun zu den mehrstimmigen Naturjodlern genutzt, das Alphorn als Lock- und Beruhigungsinstrument für Tiere, Signalinstrument, Heischeinstrument, Touristenattraktion, Träger symbolischer Informationen, Bestandteil von Kunst-, Kirchen- oder Popularmusik. Neben bekannten Instrumenten wie Zither und Haus- oder Mundorgel finden auch organologische Randgebiete wie Kinder-, Küchen- oder Pflanzeninstrumente in Bachmann-Geisers Veröffentlichung Berücksichtigung. Man erfährt, in welchen Ensemblezusammensetzungen die besprochenen Musikinstrumente verwendet wurden und werden und ggf. auch, in welchen Museen sie noch zu finden sind. Die beigefügten zwei CDs enthalten Tonbeispiele der beschriebenen Lieder und Tänze sowie die Melodien, Rhythmen und den Lärm der Kalenderbräuche und damit auch der Instrumente.

Jedes Kapitel wird durch ausführliche Anmerkungen und Literaturverweise abgeschlossen. Der Anhang enthält eine 34 Seiten umfassende Bibliografie, ein Verzeichnis von LPs und CDs und eine Filmografie sowie Verzeichnisse von Verbänden, Institutionen, Archiven, eine Liste der Feste mit ihren Orten und ihrer Terminierung sowie ein Personen- und Sachregister. Dies alles lässt die Veröffentlichung von Brigitte Bachmann-Geiser nicht nur als Resümee ihrer Forschungsarbeit erscheinen, sondern auch als wörtlich gemeintes „Schlüssel“-Werk: als einen Schlüssel zu weitergehenden Betrachtungen aller möglichen Themen und Aspekte der traditionellen Schweizer Musik.