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Michael Scheffold
Schlösser, Schlüssel und Schlossbeiwerk. Typologische Untersuchungen an fest datierten Möbeln aus dem Bestand des Fränkischen Freilandmuseums Bad Windsheim
(Schriften und Kataloge des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim 82), Bad Windsheim 2018, Fränkisches Freilandmuseum, 574 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, meist farbig, ISBN 978-3-946457-04-6Rezensiert von Melanie Burgemeister
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 07.08.2020
Bei dem umfangreichen Werk handelt es sich um die Dissertation von Michael Scheffold, mit der er am Lehrstuhl für Bauforschung und Baugeschichte der Otto-Friedrich-Universität Bamberg promoviert wurde. Der Autor nähert sich dem Thema Schlösser, Schlüssel und Beiwerk mit einer textbasierten Analyse und mit einem hierauf aufbauenden umfangreichen Katalogteil, der einer eigens entwickelten Typologie für Schlösser und Schlüssel folgt.
Der Band widmet sich zunächst der Genese der Verschlusseinrichtungen und ihrer Symbolik. Hierbei werden die verschiedenen Techniken, Besatzungen, Bänder sowie weitere Bestandteile kurz vorgestellt und zum besseren Verständnis anhand zahlreicher Fotografien und Grafiken erklärt. Die Symbolik im Sinne volkskundlicher Bedeutungen von Schlössern wird dagegen auf nur einer Seite sehr oberflächlich abgehandelt. Hier wäre eine umfassendere Auseinandersetzung überaus wünschenswert gewesen, schließlich sind Fragen zu Bräuchen und ikonographischer Bedeutung umfangreich und spannend. Gelungener sind dagegen die nachfolgenden Darstellungen der Rohstoffe, Werkstoffe und Techniken sowie des Handwerks der Schmiede und Schlosser. Hier finden sich zahlreiche historische Abbildungen, die der Veranschaulichung dienen. Allerdings erscheint auch dieser Bereich insgesamt relativ knapp und wenig vertieft, doch er bietet eine gute Einführung in das Themenfeld.
Die Typologie der einzelnen Objekte ist dagegen sehr umfangreich gestaltet. Während die einleitenden Annäherungen insgesamt nur etwa 90 Seiten umfassen, wird die typologische Untersuchung auf 173 Seiten ausführlich dargelegt. Der Aufbau folgt dabei der Gestaltung des Katalogteils und legt das Vorgehen bei der Katalogisierung dar. Dabei wird auch die korrekte Bezeichnung der einzelnen Bestandteile von Schlössern, Schlüsseln und Beiwerk anhand schematischer Darstellungen aufgezeigt. Hinzu kommt ein Überblick über die Konstruktion, das regionale Vorkommen, die Datierung und die Häufigkeit des jeweiligen Objekttyps. Das Ziel des Autors ist es, hierdurch eine Grundlage zu schaffen, in die weitere Materialkomplexe oder Einzelobjekte aufgenommen werden können.
Der Katalog selbst umfasst vier thematische Bereiche. Zunächst werden die Objektträger vorgestellt: Schränke mit ein oder zwei Türen, Sonderformen sowie Truhen. Aufbauend findet sich eine Rubrik für Schlösser. Diese werden aufgeteilt in Fallenschlösser mit schießender oder greifender Falle sowie Riegelschlösser. Der folgende Katalogteil der Schlüssel ist getrennt nach Hohldorn- und Volldornschlüsseln sowie dem Bereich der Schlüsselschilde, die unterteilt werden in geschmiedete Objekte aus Eisen, aus Eisen und Buntmetall sowie aus gepresstem Buntmetall. Den letzten Bereich bilden die Gelenke in Form von Aufsatzbändern, Einstemmbändern und Sonderformen.
Die einzelnen Stücke des Katalogs werden übersichtlich in jeweils einer von zwei Spalten pro Seite präsentiert. Die Reihenfolge ist in jedem Themenfeld durch das Alter der Stücke vorgegeben. Der Aufbau ist durch diese Gestaltung überaus schematisch und erleichtert die schnelle Orientierung: Zuerst findet sich eine Abbildung des Gegenstandes, darunter Objektnummer, Provenienz, Datierung und Signatur. Das Objekt wird textlich in wenigen Stichpunkten beschrieben und seine Maße werden angegeben. Es folgt eine ebenso aufgebaute Beschreibung von Einzelelementen des Objekts, wie die Türen der Schränke oder Schlüsselführungen und Besatzungen bei Schlössern. Auch die Ausstattung wird genannt, sofern sie bekannt ist. Darunter findet sich eine lange Typisierungsliste aller Bestandteile in Form von alphanumerischen Codes. In wenigen Sätzen wird danach auf Spezifika eingegangen, z. B. Überarbeitungen, Funktionsweisen oder Beschädigungen. Am unteren Seitenrand werden neben der Inventarnummer schließlich die Zusammenhänge der Gegenstände wiederhergestellt und es werden die zum jeweiligen Objekt gehörigen anderen Einzelobjekte genannt: Objektträger, Schloss, Schlüssel, Schlüsselschilde und Gelenke. Hierbei werden zugunsten der besseren Erfassung des Objekts die nicht vorhandenen Bereiche als Leerzeile dargestellt.
Insgesamt stellt der Band eine wertvolle Zusammenstellung des umfangreichen Bestandes an Schlössern und Schlüsseln und deren Beiwerk im Freilandmuseum Bad Windsheim dar. Allerdings wirkt der Katalog wie eine Inventarisierungsliste, deren Hauptanliegen die Typisierung der Stücke darstellt. Diese nimmt in ihrer alphanumerischen Auflistung etwa die Hälfte jeder Objektbeschreibung ein und erlaubt durch diese abstrakte Gestaltung kaum eine Einarbeitung ins Thema. Sicherlich ist es eine sehr geeignete Grundlage für weitere Inventarisierungen. Für Forscher*innen ohne Zugang zu den Originalen bleiben die Beschreibungen jedoch sehr schematisch und auf die äußeren Aspekte beschränkt. Es findet leider keine kulturwissenschaftliche Verortung des Bestandes statt. Gerade das zentrale Verhältnis von Objekt und Objektivation und somit die Bedeutung einzelner Schlösser und Schlüssel wird nicht angesprochen. Stattdessen findet sogar innerhalb der überlieferten Stücke eine Separation in die einzelnen Bestandteile statt. Wünschenswert wäre zudem ein anderer Aufbau des Katalogs gewesen, der Objektträger, Schloss, Schlüssel und Beiwerk zusammen vorstellt und so ein Verständnis der Nutzung der einzelnen Teile im Gesamtensemble ermöglicht hätte. Dies ist auch durch die nachgestellte Nennung zusammengehöriger Objektnummern kaum möglich. Der Eindruck der Fokussierung auf die äußeren Merkmale der Objekte und deren Typisierung verstärkt sich noch bei einem Blick in die ersten Abschnitte des Buches: Auch hier sind Geschichte, Symbolik und Beschreibung der Arbeitsweisen sehr knapp und wenig vertieft. Die Typologie dagegen zeugt von einer tiefgehenden technischen Auseinandersetzung mit dem Bestand. Damit bleibt der Band leider hinter dem Niveau anderer Bestandskataloge des Museums zurück. Dennoch ist es zu begrüßen, dass dieser Bestand nun in Buchform der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.