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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Alois Schmid

Johannes Aventinus (1477–1534). Werdegang – Werke – Wirkung. Eine Biographie

Regensburg 2019, Schnell & Steiner, 288 Seiten, ISBN 978-3-7954-3463-2
Rezensiert von Peter Claus Hartmann
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 24.07.2020

Der Universalgelehrte Johannes Aventinus (1477–1534) war die zentrale Persönlichkeit der bayerischen Geistesgeschichte um 1500 und im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts. Der Humanist und seine Schriften hatten außerdem eine ungewöhnliche Nachwirkung in den folgenden Jahrhunderten. Deshalb ist es sehr erfreulich und für die bayerische Geschichtswissenschaft von großem Gewinn, dass ein Altmeister von Format hier die Aufgabe übernommen hat, aufgrund der zahllosen speziellen Studien und der Biografien des 19. Jahrhunderts, unter Berücksichtigung der Quellen, eine Zusammenschau zu liefern.

Alois Schmid bietet dabei eine umfassende Biografie, die das Wirken Aventins in den politischen, gesellschaftlichen und wissenschaftshistorischen Kontext der Zeit stellt. Da Aventinus in seinen Werken u. a. auch Land und Leute behandelt, ist der Universalgelehrte und bedeutende Historiker auch für die Volkskunde von großem Interesse.

In ersten Kapitel „Zeitenwende“ geht Schmid im Überblick auf Politik, Kirche, Kultur und Kunst, Wirtschaft und Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und im frühen 16. Jahrhundert ein, bevor er dann einen guten Einblick in den Bereich „Land und Leute“ (das Herzogtum, die Einwohner, die Reichsherrschaft Abensberg) bietet. Nach der Präsentation dieser Rahmenbedingungen behandelt er relativ ausführlich in Kapitel III das Gelehrtenleben des 1455 als Johannes Turmair in der reichsunmittelbaren, von bayerischem Gebiet umschlossenen kleinen Landstadt Abensberg geborenen ältesten Sohns eines Weinwirtes.

Die Elementarschulbildung, gute Lateinkenntnisse und das Interesse für die Welt der Wissenschaften bekam der kleine Johannes durch die Karmeliter von Abensberg, ergänzt durch die Einwirkung der hochgelehrten Benediktiner von St. Emmeram in der nahegelegenen Reichsstadt Regensburg vermittelt. Aventinus studierte dann in Ingolstadt, wo ihn der Humanist und Philologe Conrad Celtis begeisterte, dem er 1498 für drei Jahre an die Universität Wien folgte. 1501 kam er nach Krakau, wo besonders die Naturwissenschaften gepflegt wurden. Ab Februar 1503 besuchte der Abensberger die namhafteste Universität Europas, nämlich die Sorbonne in Paris, wo er durch das Magister-Examen im März 1504 sein breit angelegtes Studium beendete.

1508 wurde er in München Prinzenerzieher des Herzogs Ernst, der 1517 zum Bistumsadministrator in Passau gewählt wurde. Aventinus, der hierauf Forschungsreisen vor allem in Altbayern unternahm, übte nun die Position eines „Landeshistoriographen“ aus. Während er seine großen Werke meist allein abfasste, pflegte er am Münchener Hof Netzwerke mit Politikern und Gelehrten. Seine Verhaftung 1528 aufgrund der bayerischen Religionsmandate traf den Gelehrten, der „nicht zwischen katholisch und protestantisch trennte“, schwer. Deshalb zog er nach seiner Entlassung in die freie Reichsstadt Regensburg. In wirtschaftliche Not geraten, wurde er Erzieher des Sohnes seines alten Freundes Leonhard von Eck. Im Januar 1534 starb er 57jährig in Regensburg und wurde auf dem Friedhof bei St. Emmeram begraben.

Schmid analysiert dann in Kapitel IV ausführlich die Schriften Aventins, d. h. die pädagogischen, die poetischen und die kleinen historischen Schriften, die Chroniken, die Landkarte von Bayern, den Nachlass und die Korrespondenz. Schmid würdigt hierauf sehr kompetent den Geschichtsforscher (V), den Geschichtsschreiber (VI) und den Geschichtsdenker (VII), um dann auf die von Aventin besonders herausgestellten Höhe- und Wendepunkte der Geschichte (VIII) kritisch analysierend einzugehen. Im IX. Kapitel wird die ungewöhnliche Wirkungsgeschichte der Werke Aventins in den folgenden Jahrhunderten behandelt, während im X. und letzten Kapitel „Vater der bayerischen Geschichte“ Schmid versucht, ein „angemessenes Urteil“ über Aventinus zu finden, über einen außergewöhnlichen Gelehrten, der noch heute sehr unterschiedlich eingeschätzt wird. Die widersprüchliche Persönlichkeit ist nämlich „nur schwer in übliche Kategorien einzuordnen“.

Der Autor findet in diesem Zusammenhang das Diktum des späteren Universalgelehrten Andreas Felix von Oefele, dass Aventinus der Vater der bayerischen Geschichtsschreibung gewesen sei, berechtigt und betont, dass das öffentliche Leben in Bayern stark aus der Geschichte des Landes lebe und dass „niemand diese Tradition in so einprägsamer Weise und mit so nachhaltiger Wirkung“ vorzustellen vermochte wie der Humanist Johannes Aventinus. Schmid rechnet ihn deshalb zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der bayerischen Geschichte.

Mit dieser durch ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis und ein nützliches Register ergänzten, gut zu lesenden und interessanten Biografie wird eine wichtige Forschungslücke gefüllt. Sie stellt einen bedeutenden Beitrag zur bayerischen Landesgeschichte und zur Geschichte des Humanismus in Bayern, Deutschland und Europa dar.