Aktuelle Rezensionen
Johannes Laschinger (Hg.)
Glaube und Herrschaft. Amberg und die Reformation
(Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt Amberg 8), Amberg 2019, Stadtarchiv Amberg, 348 Seiten, AbbildungenRezensiert von Johann Kirchinger
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 20.07.2020
Eine der erfreulichsten Erscheinungen des Reformationsgedenkjahres 2017 ist aus geschichtswissenschaftlicher Sicht die Herausgabe von Untersuchungen zur lokalen Reformationsgeschichte auch kleinerer Städte und ländlicher Regionen. Dazu gehört auch der von Ambergs Stadtarchivar Johannes Laschinger herausgegebene und auf eine Vortragsreihe zurückgehende Sammelband zur Amberger Reformationsgeschichte. Darin versammelt sind Aufsätze lokaler Experten. Meist geben sie die Inhalte bereits publizierter Monographien, meist Qualifikationsschriften, aus der Hand der jeweiligen Autoren in komprimierter Form wieder. In dem Maße, in dem diese bereits älter sind, geben sie den Kenntnisstand ihrer Entstehungszeit wieder. Neuere methodische Ansätze finden sich deshalb kaum. Daher bietet der Band eine zuverlässige Zusammenfassung des bisherigen Forschungsstandes zur Amberger Reformationsgeschichte.
Der evangelische Theologe und Kirchenhistoriker Volker Wappmann gibt einen Überblick über die Reformation in Amberg. Er äußert Zweifel, dass die Konfessionswechsel der Oberpfälzer Landesherren auch in der Bevölkerung nachvollzogen wurden, wie nach Ansicht Wappmanns vor allem von der katholischen Geschichtswissenschaft behauptet. Dieses für das Verständnis der Ausbreitung der Reformation bedeutende Problem wird dann allerdings nicht behandelt.
Anschließend daran beschäftigt sich Johannes Laschinger mit dem Amberger Schulwesen in der Reformationszeit und versucht die Gestalt des Amberger Bibliothekswesens zu rekonstruieren. Er zeigt auf, wie beides in den Händen des Rates zum Werkzeug der Durchsetzung der Reformation wurde.
Im Beitrag des katholischen Theologen und Kirchenhistorikers Werner Schrüfer steht der letzte katholische Stadtpfarrer Ambergs, Georg Helbling. Detailreich wird das Schwinden des Handlungsspielraums eines katholischen Geistlichen in einer zunehmend lutherischen Stadt nachgezeichnet.
Der Literaturhistoriker Manfred Knedlik analysiert die geistlichen Dichtungen des lutherischen Amberger Stadtkämmerers Leonhard Müntzer. Bernhard Lübbers zeigt auf der Grundlage eines kommunikationsgeschichtlichen Ansatzes die Bedeutung der Medien für die Ausbreitung der Reformation. Eindrucksvoll zeigt er die Schnelligkeit auf, mit der sich die Reformation durch den Buchdruck mit beweglichen Lettern vollzog. Mit Ambergs Reformationsgeschichte haben die Ausführungen von Lübbers freilich nichts zu tun.
Der Profanhistoriker und Fernsehjournalist Matthias Schöberl geht in seinem Beitrag auf das spannungsreiche kirchenpolitische Verhältnis zwischen landesherrlicher und städtischer Obrigkeit ein. Sein betont umgangssprachlicher Stil wirkt öde. Insbesondere die Vergleiche frühneuzeitlicher Politik mit solcher der Gegenwart irritieren und sind, entgegen der angenommenen Absicht, dem Verständnis nicht dienlich.
Der katholische Theologe, Kirchenhistoriker und Sulzbach-Experte Markus Lommer vergleicht schließlich den Ablauf der Reformation in den zwei Nachbarstädten Amberg und Sulzbach. Er bietet eine vorbildliche Analyse der religiösen Struktur der beiden Ortschaften und geht auf vorreformatorische Frömmigkeit, Sakralräume, kirchliche Einrichtungen, Klerus, Liturgie und Kirchenmusik ein. Das Ergebnis besteht darin, dass die vom Rat initiierte Reformation in Amberg langwierig und konfliktreich verlief, die vom Landesherren initiierte Reformation in Sulzbach kurz und ohne nennenswerte Konflikte. Ein über die lokalgeschichtliche Relevanz hinausgehender Erkenntnisgewinn wird darin kaum sichtbar.
Den Band beschließt eine Edition der Briefe Luthers und Melanchthons an den Rat der Stadt Amberg, was für den Amberger Lokalpatriotismus von großer Bedeutung sein dürfte.