Logo der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

Kommission für bayerische Landesgeschichte

Menu

Aktuelle Rezensionen


Klaus Bergdolt

Die Weihnachtskrippe. Theologie ‒ Kunst ‒ Anthropologie

Regensburg 2021, Pustet, 144 S. m. Abb., ISBN 978-3-7917-3285-5


Rezensiert von Alois Döring
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 01.09.2022

Zu Weihnachten 2021 erschien dieses Taschenbuch im handlichen Format. Klaus Bergdolt ist Medizin- und Kunsthistoriker, zudem kann er mit einem fundierten theologischen Wissen aufwarten. Im Vorwort schildert er gängige Vorbehalte gegenüber der Krippenkultur wie auch Ressentiments gegenüber religiösen Kunstwerken.

In einem einführenden theologischen Diskurs geht Bergdolt auf „die enge Verbindung von sakraler und künstlerischer Welt“ ein, die in der christlichen Kultur „von Anfang an von zentraler Bedeutung“ (15) war. Es geht dabei nicht nur um die bildhafte, künstlerische Darstellung des Evangeliums, sondern auch um die Sinnhaftigkeit: ,,Was sich aus christlicher Sicht in Betlehem ereignete, war das Gegenteil von allem, was aus der Erfahrung der heidnischen, aber auch jüdischen Antike heraus − für möglich gehalten worden war.“ (21) In den folgenden Kapiteln betrachtet Bergdolt Motive der Krippenkultur (wie: „Die Magier aus dem Morgenland“, „Der Stern von Betlehem“, „Die ‚Geburtsszene‘“, „Der Anfang der Krippenkultur“, „Ursprünge in Neapel“, „Mission und kulturelle Anpassung“, „Neue Konzepte, neue Visionen“, „Franziskus und das geistliche Schauspiel“, „Effekte der Mystik“), wobei neben Bibelstellen die Fülle künstlerischer Darstellung präsentiert wird.

Bergdolt behandelt die bayrisch-österreichische und italienische Krippenkultur (so: „Tirol“, „Der Triumph der Neapolitanischen Krippe“, „Der bayrisch-österreichische Raum - die Krippen der Orden und Bruderschaften“). Der Rezensent vermisst die rheinisch-westfälische Krippenkultur, ihre Erforschung und Förderung, dementsprechend fehlen Hinweise auf die Landesgemeinschaft der Krippenfreunde in Rheinland und Westfalen e.V. und ihre Publikationen, wie beispielsweise das Jahrbuch „Die Weihnachtskrippe“ oder den Band „‚Zur Krippe her kommet…‘. Geschichten und Bräuche rund um die Weihnachtskrippe“, den die Landesgemeinschaft der Krippenfreunde in Rheinland und Westfalen e. V. anlässlich ihres 90-jährigen Jubiläums (1925–2015) herausgegeben hat.

Eine zweite kritische Bemerkung sei erlaubt: Bergdolt sieht Entwicklungen seit dem 19. Jahrhundert sehr einseitig und scheinbar eindeutig als Tendenzen zur „Degradierung der Krippe zum Kunst- bzw. Sammlerobjekt“ (132) sowie einen „Abstieg zum materiellen Sammelgegenstand“ (138) und er sieht eine „Verkitschung der Krippendarstellungen“ im Sinne von Paul Schmederer, „die in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts noch einmal einen ungeheuren Aufschwung nehmen sollte“ (133). Doch es gibt eine aktive Praxis von vielen Krippenvereinen und Interessierten, die sich ernsthaft mit christlicher Überlieferung und Krippenkulturen auseinandersetzen, um Krippenkultur zu erhalten und zu fördern, um die Liebe zur Krippe weiterzugeben. Trotz der Einwände ist die Lektüre dieses Krippenbuches für Krippenfreunde lohnend, sie ist für Krippenkultur in ihren Ausprägungen und Bedeutungsinhalten sensibilisierend.