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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen


Michael Weithmann

Die Bayerischen Alpen. Landschaft, Geschichte, Kultur zwischen Salzach und Lech

Regensburg 2022, Friedrich Pustet, 408 Seiten, zahlreiche Abbildungen


Rezensiert von Patrick Freytag
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 21.04.2023

Michael Weithmanns neuste Veröffentlichung lässt sich in die Reihe seiner früheren, auf den bayerischen Raum konzentrierten Werke einordnen. An die breite, nicht wissenschaftlich orientierte Öffentlichkeit gerichtet, gibt der Band einen sehr anschaulichen und an manchen Stellen überraschend detaillierten Einblick in den Themenbereich des bayerischen Alpenraums in all seinen Facetten. Beginnend mit einer geographischen Einordnung und Beschreibung der Alpenlandschaft mit Bezug auf die heute bekannten Sehenswürdigkeiten, führt Weithmann den Leser zunächst durch die ersten vom menschlichen Einfluss geprägten Jahrhunderte der Alpengeschichte. Hierbei deckt der Autor einen unerwartet vielseitigen Bereich ab. Neben großen Themengebieten wie der Erschließung des Gebirges durch Wegenetze in der Antike und während des Mittelalters durch verschiedene im alpinen Raum verankerte Machthaber werden im ersten Abschnitt auch soziokulturelle Aspekte, beispielsweise die christliche Mission oder die Aufklärung beleuchtet. Nach einem zeitlich übergeordneten Abschnitt, welcher sich mit den an die Alpen gebundenen Wirtschaftsformen und den damit assoziierten Problemen und Entwicklungen befasst, lenkt Weithmann die Aufmerksamkeit auf die Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert. Besondere Beachtung schenkt der Autor hierbei der spezifischen Verbindung der bayerischen Monarchie mit dem Alpenraum. In diesem Zusammenhang begegnen dem Leser viele bekannte Namen, der Märchenkönig Ludwig II. oder etwa der Tiroler Befreiungskämpfer Andreas Hofer. Auch der aufkommende Alpentourismus und die wissenschaftliche Erkundung des Hochgebirges werden dabei behandelt. Lesern mit Interesse an der Geschichte des Alpinismus sind diese Abschnitte besonders zu empfehlen. Jenseits der politökonomischen Realitäten nimmt Weithmann außerdem die Kunst des Alpenraums in den Blick, im Rahmen eines durch reiche Bebilderung anschaulich gestalteten Exkurses. Neben literatur- und kunstgeschichtlichen Aspekten, die durch biographische Beschreibungen der Künstler ergänzt werden, geht der Autor dieser Stelle auch auf viele alpenräumliche Bräuche und Kulturaspekte ein. Vom Krampus über traditionelle Trachten bis hin zu Dialekten und dem vielerorts zum Klischee verkommenen Jodeln zeichnet sich dieses Kapitel durch eine hohe Bandbreite der Beobachtungen aus. Der letzte Teil des Buchs setzen sich mit der jüngsten Geschichte des Naturraums auseinander. So werden besonders das Einsetzen intensiver touristischer Aktivitäten sowie die Rolle der Alpen während der NS- Zeit untersucht. Aktuell relevante Thematiken werden hier aufgegriffen, wie etwa der Naturschutz oder das moderne Verkehrswesen. Weithmann steht dem Massentourismus kritisch gegenüber, den er für viele Probleme des Alpenraumes verantwortlich macht, ohne ihm jedoch die existenzielle Bedeutung für die regionale Wirtschaft abzuerkennen. Weithmanns negative Einstellung gegenüber neuartigen Formen des Alpinismus und dem Wandel im Erscheinungsbild des Tourismus – Gegenstand vor allem des letzten Kapitels – kann auf manchen Leser befremdlich oder sogar zynisch wirken, vermag jedoch nicht den positiven Gesamteindruck des Werkes zu trüben. Der Autor hat sich mit der Aufarbeitung eines so großen Themenbereiches keine leichte Aufgabe gestellt. Trotzdem gelingt es ihm, die vielen Aspekte der alpinen Geschichte sehr übersichtlich zusammenzufassen. Bemerkenswert ist besonders, dass seine Darstellung die Balance zwischen den verschiedenen Sachebenen durchgängig hält. Der angenehm leichte Schreibstil sowie die Verwendung passender, farbiger Abbildungen lassen das Werk lebendig wirken; beides erleichtert das Textverständnis. Auch wenn wohl nicht der Anspruch verfolgt wird, ein Fachpublikum mit neuen Erkenntnissen zu versorgen, so hält der kompakte Band dennoch viele Informationen für eine landesgeschichtlich interessierte Öffentlichkeit bereit.