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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen


Markus Hirte (Hg.)

100 Jahre Mittelalterliches Kriminalmuseum. Festschrift zum Museumsjubiläum

(Schriftenreihe des Mittelalterlichen Kriminalmuseums Rothenburg ob der Tauber 13), Darmstadt 2021, wbg Academic, 248 Seiten, 64 Abbildungen


Rezensiert von Bernd Kannowski
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 23.05.2023

Im Jahr 2020 war es 100 Jahre her, dass eine Stifterfamilie in der Klostergasse 1 in Rothenburg ob der Tauber ein Anwesen mit einer kleinen Sammlung von Rechtsaltertümern übernahm. Das war die Geburtsstunde des Mittelalterlichen Kriminalmuseums ebenda; das es bekanntlich durchaus zu internationalen Ruhm gebracht hat. Und eben dieser Geburtstag ist der Anlass der von Museumsdirektor Markus Hirte herausgegebenen Festschrift, die es hier vorzustellen gilt.

Die bunte territoriale Vielfalt gestern und heute und zugleich die Bedeutung, die dem Museum gemeinhin beigemessen wird, zeigt sich in den gleich drei voranstehenden Grußworten. Das eine ist vom Bund (von der damaligen Bundesjustizministerin), das nächste vom Land (vom bayerischen Ministerpräsidenten), das dritte schließlich von der Kommune (vom Oberbürgermeister der Stadt Rothenburg ob der Tauber). Es ist dem Herausgeber gelungen, ausgemachte Experten für diesen auch optisch wohlgestalteten Band und mit zahlreichen schönen Farbillustrationen (von denen manche allerdings bedauerlicherweise so stark verkleinert sind, dass sich Details nicht erkennen lassen) zu gewinnen. Nach den Grußworten geht es im ersten Teil um die Geschichte des Museums, im zweiten dann um Beiträge zu Museumsschwerpunkten.

Zu Beginn des ersten Teils legt Markus Hirte eindrucksvoll die Bedeutung des Museums in den Medien sowie in der wissenschaftlichen Literatur dar, im Inland wie auch im Ausland. Wir erfahren, dass die Stifterfamilie bei der Akquise von Ausstellungsgegenständen wahrlich keinerlei Mühen scheute und sich dafür gar an so ungewöhnliche Plätze wie Honolulu auf Hawaii begab. Hirte erklärt das Konzept der Dauerausstellung und gibt einen Einblick in die rechtshistorischen Sonderausstellungen sowie die Beschäftigung mit neuen Kulturformaten. Es folgt ein Beitrag des Bielefelder Emeritus Wolfgang Schild, wahrlich ein Pionier und „alter Hase“ in Sachen Rechtsaltertümer. Eindrucksvoll spricht er über Phänomene wie den so genannten Foltertourismus, wobei seine Schilderung auch den einen oder anderen autobiografischen Zug aufweist. In einigen Punkten kommt es hier zu Wiederholungen beziehungsweise Doppellungen mit dem Beitrag von Hirte. Sodann legt der ehemalige Museumsdirektor Karl-Heinz Schneider die Geschichte der Sammlung dar. Er schildert die museumspolitischen Hintergründe etwa bei Gründung einer Stiftung oder dem Ankauf von Exponaten. Am Schluss dieses Abschnitts berichtet noch Strafrechtsprofessor Arnd Koch aus Augsburg kurz über eine Kooperation mit verschiedenen ungarischen Universitäten, die seit vielen Jahren erfolgreich unter dem Dach des Museums stattfindet.

Der zweite Teil über die Museumsschwerpunkte beginnt mit einem Beitrag des MGH Mitarbeiters und Hochschullehrers Karl Borchardt über die Geschichte des Museumsgebäudes, eine überaus ausführliche und sachkundige Abhandlung über die Johanniterkomturei aus dem 14. Jahrhundert. Im Folgenden gibt Andreas Deutsch, Direktor des Heidelberger Rechtswörterbuchs, tiefe Einblicke in die Strafpraxis vergangener Tage, wobei er Bedeutung und Rolle von Tieren in den Mittelpunkt stellt. Deutsch ist eine Koryphäe auf diesem Gebiet und gestaltet seinen Beitrag luzide und ansprechend. In dem dann folgenden Aufsatz beschäftigt sich der vornehmlich in England lehrende Historiker Johannes Dillinger mit Schatzfunden und legt überaus anschaulich dar, weshalb solche im 16. und 17. Jahrhundert Hochkonjunktur hatten. Sodann gibt der mittlerweile verstorbene Münchener Kirchenrechtler Stephan Haering OSB einen klaren und gut lesbaren Überblick über die Geschichte der kirchlichen Strafpraxis bis heute. Danach beschäftigt sich Günter Jerouschek mit der Folter im alten Strafprozess. Der Jenaer Emeritus ist ein anerkannter und ausgewiesener Experte in diesem Feld, wobei sein Beitrag als einziger von allen ein Zweitabdruck ist und nicht speziell für die Festschrift erstellt wurde. Eine Abhandlung von Wolfgang Wüst, emeritierter Erlanger Historiker und langjähriger Vorsitzender des Historischen Vereins für Schwaben, bildet den Abschluss des Bandes. Er beschäftigt sich mit Polizeiordnungen und liefert eine Edition einer solchen im Jahr 1721 zu Rothenburg ob der Tauber gedruckten Ordnung.

Die Festschrift wird mit all ihren jeweils auf ihre Weise originellen und niveauvollen Beiträgen dem großen Geburtstag dieses in so vieler Hinsicht bedeutenden und international bekannten Museums überaus gerecht.