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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen


Josef Kreiml/Maria Baumann/Achim Dittrich (Hg.)

„Die Schönste von allen“. Hausmadonnen und Mariendarstellungen in den Straßen von Regensburg

(Regensburger Marianische Beiträge 3), Regensburg 2022, Friedrich Pustet, 311 Seiten, 79 Abbildungen


Rezensiert von Barbara Zöller
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 15.06.2023

„Wunderschön prächtige, hohe und mächtige, liebreich holdselige, himmlische Frau ...“ – ein Marien-Lob von Laurentius Schnüffis aus dem 17. Jahrhundert – scheint durch Regensburgs Straßen und Gassen zu schallen. Man hört es praktisch klingen, wenn man sich dieses herrliche Buch und seine Fotos anschaut. Eine reich bestückte Palette an künstlerischen Darstellungsweisen und ikonographischen Traditionen zeigt sich dem interessierten Beobachter:

Maria mit und ohne ihr göttliches Kind, Maria als Patrona Bavariae, Maria als Himmelskönigin, Maria im Strahlenkranz, Maria im Himmel über den Wolken, Maria über der Stadt Regensburg, Maria empfängt die Heiligen drei Könige, Maria die schmerzhafte Mutter, Maria als Betende, Maria unter dem Kreuz auf einer Pestsäule, Maria mit Lilien und Rosen, mit und ohne Maphorion, mit unterschiedlichen Kronen, mit einem Blumenkranz oder einer großen Blüte über der Stirn, mit „Salve“ gezierter Blumenbrosche, Maria mit Zepter, Maria auf der Mondsichel mit und ohne Adamsgesicht, mit Scheibennimbus, mit appliziertem Herzen und mit dem frommen Schriftzug „Santa Maria“.

Maria in verschiedenen Steinarten, in Stuck, in Holz, in Bronze, in Gips, in Terrakotta, auf Blech gemalt. Maria als freistehende Skulptur, als Halbfigur, als Tondo, als Relief, in einer Mandorla, auf einer als Blatt geformten Fläche, in einer Wegsäule. Maria auf steinernen Konsolen oder Holzsockeln, auf einem Abakus mit der darunterliegenden Gebäudeecke als Säule, auf der Erdkugel mit und ohne Schlange. Maria unter einem geschwungenen Blechdach, unter einem Kegeldach, unter Rundbögen oder eckigem Blechschutz, hinter Gittern.

Das nackte oder bekleidete Jesuskind mit und ohne Reichsapfel, mit goldener Kugel, mit Kreuz, mit der Lanze, die Schlange tötend, mit Scheibennimbus oder kreuzförmigem Nimbus, mit dem Segensgestus.

Die Größen der verschiedenen Skulpturen und Darstellungen reichen von 14 cm einer Patrona-Bavariae in Miniatur von Joseph M. Neustifter am Papstdenkmal (S. 31) bis zur barocken „Maria vom Siege“ am Altdorfer-Haus, die 2,20 Meter hoch ist (S. 15).

Maria im Tympanon und an den Archivolten des Regensburger Doms, über Portalen, an Hauswänden und -ecken, in Nischen, in einem Blechhäuschen mit Glasfront, in einem Rundbogenfenster mit Glas, in einer Altan-Nische, über einem Säulenportikus oder in einer Lourdesgrotte. Brennende Ampeln als Zeichen der Verehrung laden zum Innehalten und Gebet ein. Eine herzförmige Ampel erinnert an den Paradiesapfel.

All das und vieles mehr offenbart das Buch, jeweils mit Bild und Schrift, eine wahre Freude, eine Fundgrube für Regensburger und Gäste. Jede Madonna ist fotografiert und beschrieben, chronologisch, stadt- und hausgeschichtlich, kunst- und frömmigkeitsgeschichtlich eingeordnet. Man erfährt, wo sie steht und aus welchem Material sie gearbeitet ist. Wenn bekannt, wird der Künstler genannt und zu welchem Anlaß er sie geschaffen hat. Es wird über den Zustand berichtet und falls nötig, werden Empfehlungen zur besseren Präsentation bzw. zum Erhalt gegeben. Denn bedroht sind diese Madonnen im Freien durch Witterung und Luftschadstoffe; auch Gebäudesanierungen und Wärmedämmungsmaßnahmen tun ihnen oft nicht gut. Jeder Text endet mit einer religiösen Deutung oder einem Kommentar oder auch Deutungsversuchen über die Beweggründe der Erbauer und Stifter.

Vor 400 Jahren – 1621 – wurde die erste Patrona Bavariae in Regensburg am neuen Barockportal der Neumünsterkirche angebracht. Zu diesem Jubiläumsanlass hat Rudolf Voderholzer, der Bischof von Regensburg, „Über das Vertrauen auf die Gottesmutter“ gepredigt. Der Text ist in dem hier vorzustellenden Band ebenfalls abgedruckt. Voderholzer erinnert in der Zeit von Corona-Regeln an die Zeit der Aufstellung der Strahlenkranzmadonna am Westportal der Dompfarrkirche kurz nach Ausbruch des 30-jährigen Krieges.

Ein Jubiläum bot also den Anlaß für die Suche nach öffentlich sichtbaren religiösen Bildnissen. Sie sind dabei so fündig geworden, daß sie nach diesem Buch mit den Hausmadonnen im Freien ein weiteres Werk über die Figuren und Bildnisse von Christus und Heiligen in Planung haben.

Wenden wir uns den Befunden des vorliegenden Bands im Einzelnen zu: In seinem Geleitwort bewertet Voderholzer die Marienbildnisse an Haus- und Mauerwänden als eine „bemerkenswerte Tradition“ sichtbarer Zeichen lebendigen Glaubens und als „Zeichen gläubigen Vertrauens, religiöser Identität und christlichen Bekenntnisses“ (S. 7). In der Regel fielen sie durch das Netz der Denkmalpflege und fänden nicht die gebührende Anerkennung.

Josef Kreiml, Domkapitular, Professor für Fundamentaltheologie an der Universität Regensburg und Vorsitzender des Institutum Marianum, pflichtet dieser Beobachtung bei und weist darauf hin, daß die Madonnen als Zeichen tiefer Verehrung „frömmigkeitsgeschichtlich und pastoraltheologisch“ (S. 11) noch zu wenig Beachtung gefunden hätten. Daher sollen „diese Zeugnisse der Frömmigkeit und städtebaulichen Kultur stärker ins Bewußtsein“ (S. 16) gerückt werden, um sie „theologisch, spirituell und kunstgeschichtlich“ (S. 11) zu erschließen.

72 Hausmadonnen und sechs weitere, inhaltlich verwandte Skulpturen haben die Herausgeber in den Straßen Regensburgs gefunden. Im Buch sind sie systematisch nummeriert, in Aufnahmen des Fotografen Gerald Richter dokumentiert und in acht „Ballungsfelder“, einzelne Stadtgebiete, aufgeteilt. Ausgehend vom zentralen Westportal des Doms mit seinem „Marienleben“ aus der Zeit um 1400 führt der Weg über die Umgebung der „Alten Kapelle“, den Obermünsterplatz und den St. Peters-Weg durch die Altstadt. Ein weiteres Umfeld liegt etwas weiter westlich. Drei Zentren befinden sich östlich der Innenstadt. Genaue geographische Auskunft gibt ein Stadtplan im vorderen und hinteren aufklappbaren Buchdeckel, aufgeteilt in den westlichen und östlichen Teil von Regensburg. Ein Glossar als Erklärung kunsthistorischer Begriffe rundet den handlichen Begleiter ab.

Hausmadonnen an Fassaden und Außenwänden der Häuser gäbe es vor allem im „Westen und Süden Mitteleuropas, begrenzt in etwa durch die Flüsse Rhein und Main“ (S. 13), wie Achim Dittrich in seiner thematischen Einführung erläutert. Er verweist auf Parallelen in den Metropolen des früheren Heiligen Römischen Reichs, etwa in „Antwerpen, Köln, Fulda, Mainz, Heidelberg, Freiburg, Würzburg, Nürnberg, Augsburg“ und München (S. 13). Auch dort kennt man das Phänomen der öffentlich dargestellten persönlichen Frömmigkeit, häufig an Hausecken angebracht, damit sie von allen Seiten gesehen werden konnte. Neben dem Bekenntnis ist auch immer die Bitte um Schutz- und Segen impliziert. Die griechisch-römische Ädikula als „Memorialhäuschen religiöser, politischer oder familiärer Bestimmung“ (S. 13) kann als Ursprung dieser Hausnischen mit Heiligenfiguren ausgemacht werden. In der Gotik und dann noch einmal während der Gegenreformation, im Barock, bekamen viele bekannte und unbekannte Künstler Aufträge für Hausmadonnen. Auch wenn nicht alle „ausgeprägte Kunstwerke“ seien, so seien sie doch manchmal von „hoher Qualität und Kunstfertigkeit“. Und weiter: „Auch einfache Gipsfiguren vor und nach 1900 haben ihren Reiz, strahlen Frömmigkeit aus“ (S. 16). Bis in die 1950er Jahre reichen diese religiösen Darstellungen. An modernen Gebäuden kennt man sie hingegen fast nicht mehr.

In einem weiteren Beitrag widmet sich Dittrich den Grundlagen und der Geschichte der Marienverehrung. Ihm erscheint die Marienverehrung im 21. Jahrhundert nach wie vor als „kirchlich unangefochten“ (S. 39), wie Äußerungen der Päpste Benedikt XVI. und Franziskus zeigen würden. Das Lob der Gottesmutter Maria würde in Zukunft nicht verstummen – „zur Ehre Gottes und zum Heil des pilgernden Gottesvolkes“ (S. 40).

Maria Baumann, Leiterin der Abteilung Kunst und Denkmalpflege im Bistum Regensburg und Leiterin des Diözesanmuseums sowie bischöfliche Konservatorin, gibt einen kunstgeschichtlichen Überblick über Mariendarstellungen von der römischen Priscilla-Katakombe aus dem 2. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Ihre erklärenden und weiterführenden Fußnoten und Links sind eine Bereicherung.

Mit der Marienverehrung in der Stadt Regensburg befasst sich Adolfine Treiber, eine langjährige Mitarbeiterin am Institutum Marianum. Das Glaubensbekenntnis früherer Generationen solle als Ermutigung aufgefasst werden, den christlichen Glauben auch heute in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen und Interesse dafür zu wecken. So das Anliegen dieses Aufsatzes wie überhaupt der drei Herausgeber.

Mit dem informativen und fundierten, handlichen und gleichzeitig schönen Buch ist dieses Anliegen sicherlich eingelöst worden. Es regt dazu an, sich auf die Suche nach den vielfältigen Aussagen und Ausführungen über die Gottesmutter zu machen und so manchen Muttergottesspaziergang zu erleben. Möge der Rest auch gelingen!