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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen


Rainer Schmitz

Heimat. Volkstum. Architektur. Sondierungen zum volkstumsorientierten Bauen der Heimatschutz-Bewegung im Kontext der Moderne und des Nationalsozialismus

(Architekturen 64), Bielefeld 2022, transcript, 442 Seiten mit Abbildungen, ISBN 978-3-8376-5850-7


Rezensiert von Thomas Naumann
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 28.09.2023

Die umfangreiche Untersuchung von Rainer Schmitz ist eine im Jahr 2014 an der TH Darmstadt angenommene Dissertation, die vom Autor für die vorliegende Publikation überarbeitet und erweitert wurde. Sie entstand im Rahmen eines Projekts zur Architekturprogrammatik der deutschen „Heimatschutzbewegung“, die sich im Jahr 1904 im „Bund Heimatschutz“ institutionalisierte und deren Vertreter dem anti-emanzipatorischen Bürgertum zuzurechnen sind. Die geistigen Grundlagen der „Heimatschutzbewegung“ werden zunächst ausführlich analysiert und sodann die konkreten Auswirkungen auf die (Heimatschutz-)Architektur im ländlichen und städtischen Milieu dargestellt. Auch wird umfangreich dargelegt, wie die „Heimatschutzbewegung“ in geistiger und materieller Hinsicht von den Nationalsozialisten aufgegriffen und in ihrem Sinne genutzt wurde, wobei latenter bis offener Rassismus bereits in vielen Äußerungen der „Heimatschützer“ seit dem 19. Jahrhundert nachgewiesen wird. „Heimat“ in der „Architektur“ ist das Thema dieser Arbeit und die – kritikwürdige – Verbindung von „Heimat“ mit „Architektur“ sieht Schmitz als bis in die Gegenwart gegeben an.

In der Einleitung (7–18) setzt sich der Autor kritisch mit dem „reformierten“ (8) postmodernen Heimatbegriff auseinander, den er auch unter den vom „braunen Sumpf befreiten“ (8) Interpretationen etwa von Ernst Bloch, Hermann Bausinger oder Edgar Reitz insbesondere dann hinterfragt, wenn er in der Politik institutionalisiert in Form von „Heimatministerien“ vereinnahmt wird, wenn etwa vom Bundesverteidigungsministerium im Jahr 2020 ein Freiwilligendienst namens „Heimatschutz“ (7) geschaffen wird, und dann oft nicht mehr zu unterscheiden ist, ob „Heimat“ integrativ oder doch eher wieder ausgrenzend verstanden werde. Im „neuen Rechtspopulismus“ (9) erhalte der eigentlich überwundene, ausgrenzende Heimatbegriff wieder Relevanz und werde von Migranten als Bedrohung wahrgenommen. Schmitz spricht hier von einer „Fragilität der Umdeutungsversuche“ (8), und er zitiert Aussagen einer Berliner Konferenz von 2019, wonach „der Begriff durch seine geschichtlichen und gegenwärtigen Funktionalisierungen ‚irreparabel‘“ sei (10).

Weiter betrachtet Schmitz die Wiederentdeckung des Themas Heimat im Baudiskurs der Architekten seit den 1980er Jahren. Schon wie zu Beginn der „Heimatschutzbewegung“ Ende des 19. Jahrhunderts ging es hier wieder um „seelenlose Städte“, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden seien, um fehlenden Landschaftsbezug, worüber insbesondere Jürgen Habermas eine Philippika losgelassen hat, den der Autor hier zitiert (10). Die neuen Architektur-Traditionalisten meinten, die alte Heimatschutzarchitektur vom Nationalsozialismus und dessen Rassismus befreien zu können und somit ausschließlich an eine wie auch immer zu definierende „Qualität der Tradition“ (11) anknüpfen zu können. Der Autor tendiert dazu, dieser Architekturrichtung doch eher eine anti-aufklärerische Richtung zuzuschreiben und wirft ihr vor, einer idealisierten Vergangenheit zu huldigen, moderne Bauentwicklungen zu bekämpfen und reaktionäres Gedankengut aus der Heimatschutzbewegung weiterzutragen, so dass „überwunden geglaubte Bedeutungsebenen“ (12), wie etwa die des „Volkstums“, hervorblicken. Die Argumente des Autors gegen die gut gemeinten Versuche der Neuausrichtung und Neuverfüllung ideologisch vergifteter Begriffe – wie hier der „Heimat“ – sind gewichtig und weisen auf die Gefahren solcher und ähnlicher Begriffsreform-Bemühungen hin. Die Einleitung endet mit der Darlegung der Fragestellungen und des Aufbaus der Arbeit, die sich sodann wie folgt gliedert: Das 1. Kapitel (19–72) ist „Erkundungen“ genannt und widmet sich den Themen „Heimat und Landschaft“ (19–28), „Heimat und Nation“ (29–39) sowie „Heimatschutz“ (39–72). Das 2. Kapitel nennt sich „Sondierungen“ (73–352), einschließlich 80 Seiten sehr empfehlenswerter Anmerkungen, und enthält die Untertitel: „Der Volkstumsdiskurs im Heimatschutz“ (73–134), „Von der Theorie zur Praxis“ (134–168), „Nationalisierung des Ostens“ (169–212) und „Kult des Nationalen“ (212–352). Es folgt der „Schluss“ (353–364), eine hervorragend gelungene Zusammenfassung der Ergebnisse der Arbeit. Wer das Lesen der ganzen Arbeit scheut (was aber ein Versäumnis wäre), wird auch hier gut bedient. Der Anhang (369–442) mit einem Faksimile des Aufrufs zur Gründung des „Bundes Heimatschutz“ umfasst abschließend Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis, Abbildungsnachweis und Personenindex.

Die „sehr bewegte Begriffsgeschichte“ (19) der „Heimat“ ist Thema des Kapitels „Erkundungen“; hier festigt Schmitz nochmals seine kritischen Einwände zur Verwendung dieses Wortes und beschreibt dessen Bedeutungswandel. Nachdem er verdeutlicht, dass das Konzept „Heimat“ im politischen Kontext immer die Zielrichtung hat, zur Identifikation der Bürger mit dem Staat beizutragen, letztlich aber eine Leerformel ist, je nach Interessenlage verschieden und auch gegenläufig verwendbar, im Grunde gar nicht definierbar und daher heutzutage auch nicht sinnvoll mit neuen Inhalten versehen werden kann, da die neuen Inhalte die vorherigen zwar verdunkeln, die vorherigen Inhalte aber dennoch unsteuerbar weiter durchschimmern können, stellt der Autor klar, dass seine Untersuchung nicht einen „eigentlichen Sinn“ (20) des Heimatbegriffs zugrunde legt – den es konsequenterweise für ihn nicht geben kann –, sondern es „wird lediglich analysiert, wie der Heimatbegriff im Diskurszusammenhang des Heimatschutzes gedeutet wurde, wie er ‚funktionierte‘ und welche Konfigurationen von Wissen, Macht und Raum mit ihm verbunden waren“ (20). Der Überblick über die Begriffsgeschichte führt von der ursprünglichen Bedeutung als Hofstelle eines Bauern über das inkludierende und exkludierende „Heimatrecht“, das sowohl Schutz als auch Ausgrenzung bedeuten konnte, auch Fesselung an den Geburtsort, bis im 19. Jahrhundert Freizügigkeit und Auswanderungsfreiheit der Ortsgebundenheit ein Ende setzten. Den im übertragenen Sinne verwendeten Heimatbegriff führt Schmitz zurück ins Mittelalter, in die „himmlische Heimat“ (21), ehe er säkularisiert wurde, zunächst als „transzendentes Sehnsuchtsziel“ (22) wie in der Romantik bei Novalis, dann in enger Verbindung mit der Landschaft als „landschaftliche Heimat“ (22), schon im 18. Jahrhundert und seit Dichtern wie Jeremias Gotthelf oder Adalbert Stifter in unzertrennlicher Einheit. Zunächst sieht der Autor diese Einheit über „Volkssagen“ etwa Karl Simrocks als hergestellt; eine „mythische Bedeutungslandschaft“ (22) entsteht; die Landschaft erklärt sich aus ihren hervorgebrachten Mythen. Danach, ab 1840, geht es umgekehrt herum: Aus der Beschaffenheit einer Landschaft und aus dem Entwurf eines „Volkstypus“ heraus erklärt man die Entwicklung von Kultur und Dichtung; die Landschaft wird von der „passiven Szenerie zum menschen-, geschichts- und kulturbestimmenden Subjekt“ (23). Und mit dem Aufkommen regionalen Bewusstseins wird nun der Landschafts- mit dem „Volkstums“-Diskurs verbunden: Heimat wird „zum Synonym für Landschaft, Volkstum und Vergangenheit“ (23, nach Andrea Bastian, 1995), die landschaftliche Heimat zum „Ursprungsort eines bestimmten Volkstums“ (ebd.), so dass „kleinräumige Identifikationsangebote“ erzeugt und „medial durch Architektur, Kunst und Literatur“ (ebd.) verbreitet werden konnten. Jede Landschaft, so die Vorstellungen, erzeugt einen eigenständigen „Volkstypus“, konstruiert in der Heimatliteratur. Letztlich, so Schmitz, bleibt „Heimat“ auch auf dieser übertragenen Bedeutungsebene „ein metaphysisches Konstrukt“ (24). In den folgenden Abschnitten zieht Schmitz nochmals Verbindungen von der „verlorenen“ theologischen „himmlischen Heimat“ zu der „verlorenen“ säkularen Heimat, die dem Menschen nach Lesart der Heimatschutzbewegung durch moderne Landschafts-, Siedlungs- und Architekturveränderungen sowie geistige Fehlentwicklungen des 18. und 19. Jahrhunderts fremd geworden sei. In dieser Sicht wird „Heimat“ zu einer angeblich dagewesenen heilen Welt und verschwindet menschenverursacht durch abzulehnende Entwicklungen, als deren Urheber letztlich Vertreter der „Aufklärung“ ausgemacht werden. Die „missliebige Realität“ (25) der Moderne, so die Heimatschützer, müsse durch Wiederherstellung der „Einheit von Landschaft, Volkstum und Kultur“ (ebd.) beseitigt werden. Die Wurzeln solcher Vorstellungen macht der Autor, die Forschungsliteratur zitierend, in der Romantik aus, in der die Worte „Volk“, „Volkstum“, „Nation“, „Stamm“ entstehen und im Zusammenhang stehen mit einer literarisch-kulturellen und politischen Abwehr der Aufklärung, insbesondere auch der Französischen Revolution. „Heimat“ wird ein „gegenrevolutionärer Entwurf“, das um 1900 definierte „Ordnungsmodell einer landschaftlichen Heimat“, eine „(neo)romantische Sehnsuchtstopografie“, ein „verlorenes Gegenteil der Moderne“ (29). In der Natur verhaftet, erlaubt die „landschaftliche Heimat“, „die Illusion einer gewachsenen germanisch-deutschen Individualität […] zu konstruieren“ (30). „Heimat“ wird jetzt auch als Gegenbild zur „heimatlosen“ Großstadt definiert, das ländliche Leben des Bauern verherrlicht und überhaupt zum Schlüssel gemacht, wahres Germanentum wieder aufleben zu lassen – wobei sich insbesondere Wilhelm Heinrich Riehl (1823–1897) auch in rassistischer Weise hervortat. In der Großstadt macht man Arbeiterbewegung und Internationalismus aus, die es zu bekämpfen gilt. „Die Überlagerung von Heimat und völkischem Diskurs“ (36) führt dann auch zum Antisemitismus; hier nennt der Autor die diesbezüglichen Einlassungen von Julius Langbehn (1851–1907), der als Vorbote der nationalsozialistischen „Blut- und Boden“- Ideologie angesehen werden kann. Die Reihe der sich im Umkreis des „Heimatschutzes“ bewegenden rassistisch und antisemitisch äußernden Männer ist lang; viele davon zitiert Schmitz. Erwähnt sei hier nur der heute in der Öffentlichkeit noch kaum hinterfragte Friedrich Ludwig Jahn (1778–1852), der das Wort „Volksthum“ im Jahre 1810 als Ersatz etwa für „nationgemäß“ (75) einführte, eine nationale beziehungsweise „volkstumsmäßige“ deutsche christliche Kirche forderte, von „weltflüchtigen Zigeuner[n] und Juden“ (77) sprach und im Auftrag Preußens die Werte der Französischen Revolution, als dem „unmenschheitlichsten“ (78) Volk entsprungen und dem „deutschen Volksgeist“ vollkommen wesensfremd, diskreditierte. Der eigentliche „Referenzautor“ (353) der Untersuchungen von Rainer Schmitz aber ist der „Vater der Heimatschutzbewegung“ und Gründer des „Bundes Heimatschutz“, Ernst Rudorff (1840–1916), ein Schüler des Historikers Heinrich von Treitschke (1834–1896), welch Letzterer mit seinen völkischen, sozialdarwinistischen und antisemtischen Arbeiten zitiert wird. Rudorff, einflussreicher Protagonist der Heimatschutzprogrammatik, der zunächst den „Volkstumsschutz“, dann den „volkstumsorientierten Landschaftsschutz“ (353) und ab 1890 schließlich den „Heimatschutz“ im Sinne eines „landschaftlich geprägten Volkstums“ (353) formulierte, war schließlich, so ergibt die ausführliche Analyse seiner Ausführungen, auch mit verantwortlich für sich daraus ergebenden Rassismus und Antisemitismus. Eine „Germanisierung der Landschaft“ (354) war sein Ziel. Die deutsche Natur mit ihren landschaftlichen und kulturellen Denkmalen sowie Altstädte, alle hervorgebracht durch den „deutschen Volksgeist“, sind der Ausgangspunkt ebenso wie ein romantisierendes Bild vom Bauern mit einem Bauernhaus, wie Tacitus es beschrieben hat. Wobei Abstrusitäten Platz fanden, wie die Behauptung, ein Steildach sei von der Natur dem „deutschen Volksgeist“ vorgegeben, ein Flachdach dagegen ihm vollkommen wesensfremd. Auch auf den Spuren Wilhelm Heinrich Riehls bewegt sich Rudorff, wenn dieser „Hintersassendörfer“ als Ausgangspunkt für eine Rolle rückwärts empfiehlt. Dies alles ist in diesem mystischen Weltbild Ursprung des „Germanischen“, in Gegensatz gestellt zum Romanischen als wesensfremde Kultur, was auch im Politischen gilt und sich zeigt in der Ablehnung der Werte der Französischen Revolution, und es spielte auch eine vehemente Rolle in den innenpolitischen Auseinandersetzungen der Zeit des Wilhelminischen Reiches im Kampf gegen die Sozialdemokratie und gegen das Proletariat, das man durch verschiedene Maßnahmen nationalisieren und durch Ansiedlung in ländlichen Gebieten entpolitisieren wollte, wobei die „Heimatschützer“ und allen voran Rudorff Partei für die Reichsregierung, zu der es personelle Verbindungen gab, ergriffen. Ungleichheit zwischen Besitzenden und Nichtbesitzenden war für Rudorff eine von der „deutschen Natur“ vorgegebene Selbstverständlichkeit; und zwar im Sinne einer „Eigenart des germanischen Volkstums“ (355). Zur Schaffung einer „Nationallandschaft“ war nun ganz entscheidend, und hier führt Schmitz in die dritte Komponente seiner Untersuchung, die Einflussnahme des „Bundes Heimatschutz“ auf die Architektur, die mit vielen Bildbeispielen belegt wird. So entstanden denn auch „schnörkellose“ Bauten nach Art des friderizianischen Klassizismus, den man als den germanischsten Baustil befand. Zur „Germanisierung“ der Landschaft und des Volkes zählte auch der Bau von Nationalstadien, und hier widmet sich Schmitz insbesondere dem Berliner Olympiastadion von 1913, zunächst als Sportstätte für nationale Spiele gedacht und mit dem Ziel errichtet, eine „Nationalisierung der Arbeitermassen“ (360) zu bewirken. Bei diesen „nationalreligiösen Kultstätten“ (360) wurden „sakrale Bautypologien und -formen […] neu interpretiert“ (360) und eine „Grundstruktur der Memorialkirche“ aufgenommen, „die einen ‚Ort der Gemeinschaft‘ mit einem ‚Ort der Verehrung‘ verbindet“ (360). Nationalstadien sollten eine ähnliche Wirkung und Funktion entfalten wie Nationaldenkmäler; im Einzelnen beschreibt Schmitz, wie dies baulich inszeniert wurde.

Eine eigene Betrachtung widmet der Autor der dreistufigen Ostkolonisation. Die erste Stufe in den 1880er Jahren, beeinflusst von Treitschke, der darin einen „schonungslosen Rassenkampf“ (359) erblickte, betraf die Provinzen Westpreußen und Posen; dort sollte eine „Ansiedlungskommission“ der Heimatschützer „deutsche“ Dörfer errichten, was jedoch letztendlich scheiterte. Die zweite Stufe widmete sich dem Wiederaufbau der im Ersten Weltkrieg zerstörten ostpreußischen Gebiete unter vollkommener Regie des „Bundes Heimatschutz“. Nun wurde im großen Stil der um 1800 übliche neoklassizistische Stil „in nahezu absolutistischer Manier durchgesetzt“ (359) und alle slawischen und sonstigen „fremden“ Stile ausgemerzt, wobei man auch „Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu Leiteigenschaften des ‚deutschen‘ Bauens“ (359) erhob. Die dritte Phase ist der Höhepunkt des Germanenwahns: Sie beginnt im Jahr 1937 mit dem „Generalplan Ost“, der zum Ziel hatte, „bis zum Ural ‚deutsche Heimaten‘ zu schaffen“. Sie stellten eine „Radikalisierung nationallandschaftlicher Visionen [dar], wie sie im Heimatschutzdiskurs entwickelt und kanonisiert wurden“ (360) und bedeuteten Vertreibung oder Ermordung von Millionen von Menschen.

Rainer Schmitz hat ein anspruchsvolles Werk vorgelegt, das weit über „Sondierungen zum volkstumsorientierten Bauen“, wie im Untertitel formuliert, hinausgeht, also keineswegs nur für Architekturhistoriker empfehlenswert ist. Er analysiert auf dem Wege zu den Ergebnissen „volkstumsorientierten“ Bauens, unter ständiger Einbeziehung und in Diskussion mit der gesamten einschlägigen Forschungsliteratur, die Rolle der Protagonisten der „Heimatschutzbewegung“ und ihres Umfelds bei der Mystifizierung der Landschaft und ihrer Kultur für völkische Zwecke, bei der „Germanisierung“ und „Ethnisierung“ der Bevölkerung, die in den Rassismus führt, und er leitet deren reaktionäre, antiaufklärerische und antisemitische politische Zielrichtung zur Zeit des Wilhelminischen Kaiserreichs daraus ab. Die durch die „Heimatschützer“ schließlich entworfenen und errichteten Bauten haben die Zielrichtung, die „Germanisierung“ voranzutreiben. Die Arbeit vermittelt darüber hinaus, dass die Nationalsozialisten – was in der öffentlichen Wahrnehmung immer wieder vergessen beziehungsweise ungern gehört wird – ideologisch fast überhaupt nichts neu erfinden mussten, sondern an das in der deutschen Geistesgeschichte dieser Richtung Vorhandene mühelos anschließen konnten, somit die NS-Ideologie auf einer langen Tradition des anti-emanzipatorischen, dem Germanen- und Rassenwahn verfallenen deutschen Bürgertums fußt. Die Anmaßung, einen Unwert anderer Kulturen gegenüber dem – bloßen Hirngespinst – des „Germanischen“ zu behaupten und damit zugleich die Minderwertigkeit anderer Völker und Religionen, entsteht bereits bei einflussreichen Professoren und „Heimatschützern“ des 19. Jahrhunderts und entwickelt sich weiter in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts; und wer in dieser Tradition denkt, dem fällt es dann auch nicht schwer, sich in der Folge, wie hier beschrieben, bei den Nationalsozialisten einzuordnen und sich so auch konkret an deren Vernichtungsfeldzügen in Form der Errichtung „germanischer Siedlungen“, verbunden mit Vertreibungen und Ermordungen anderer Völker, zu beteiligen. Immer wieder zu Recht in den kritischen Fokus stellt Schmitz die Verwendung des irrationalen Begriffs der „Heimat“, die durch alles und nichts aufzufüllende „Leerformel“, früher wie heute in unkontrollierbarer Weise politisch und gesellschaftlich funktionalisierbar. Im Bereich der Architektur jedenfalls sollte man „eine fundamentale Herausforderung wie die Globalisierung besser mit der Suche nach sozial- und raumpolitischen Konzepten bewältigen, die weniger Bezüge zu irrationalem Denken haben und näher am demokratischen Diskurs der Moderne verortet sind“ (364).

Es ist sehr zu begrüßen, dass dieses Werk nicht in den Untiefen akademischer Bibliotheken verschwunden, sondern in erweiterter Form zugänglich gemacht worden ist. Und man wünscht es sich in die Hände von Geschichtslehrern und Geschichtslehrerinnen zur Umsetzung in einen Geschichtsunterricht, wie er vielen Nachkriegsgenerationen vorenthalten worden ist.