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Aleš Smrčka

Tradiční horský transport: Krkonoše, Šumava, Západní Beskydy a Javorníky

(Etnologické studie 25), Brno 2021, Masarykova univerzita/Etnologický ústav AV ČR, 256 Seiten mit Abbildungen, ISBN 978-80-210-9929-6


Rezensiert von Marketa Spiritova
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 31.08.2023

Die vorliegende, auf Tschechisch verfasste Monografie „Traditioneller Bergtransport: Riesengebirge, Böhmerwald, westliche Beskiden und das Javorník-Gebirge“ des Brünner Europäischen Ethnologen Aleš Smrčka dokumentiert und systematisiert auf der Grundlage von Archivalien und Forschungsliteratur des späten 19. und vor allem des 20. Jahrhunderts sowie eigenen Feldforschungen – teilnehmenden Beobachtungen und Zeitzeugeninterviews – das Transportwesen in den vier im Titel genannten Gebirgsregionen im heutigen Tschechien. Es handelt sich um Bergregionen an nationalstaatlichen Grenzen zu Polen, Deutschland, Österreich und zur Slowakei; in manchen von ihnen (Riesengebirge und Böhmerwald) dominierte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs die deutschsprachige Bevölkerung, die 1945/46 ausgesiedelt beziehungsweise vertrieben wurde. Für diese Regionen liegen vorwiegend Publikationen deutscher Sprache beziehungsweise deutschsprachiger Volkskundler vor.

Das Buch versteht und liest sich wie eine kleine Enzyklopädie des Gebirgstransports im heutigen Tschechien, zu dem der Autor „harte“ (z. B. Material und Formen) und „weiche“ (z. B. erinnerte Geschichten von Zeitzeugen) Faktoren zusammengetragen hat. Smrčka gliedert das Verkehrswesen nach fünf Transportmitteln – gleitende (z. B. auf Kufen), rollende (auf Rädern), tierische (mit Ochsen oder Pferden), mit menschlicher Kraft bewegte (z. B. mit Körben) und das Wasser nutzende (z. B. Flöße) –, deren Ursprung, Beschaffenheit, Entwicklung und Funktion er für jede der vier Regionen beschreibt. Diese additive, für jedes Transportmittel gleiche Systematik nimmt dem Buch die Spannung einer anregenden Lektüre, doch erfüllt sie ihren Zweck hinsichtlich des Informationsgehalts.

Die Monografie ist in insgesamt neun Kapitel und ein kurzes Resümee gegliedert, im Anhang finden sich neben Abkürzungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis erfreulicherweise ausführliche englisch- und deutschsprachige Zusammenfassungen. Nach einer knappen Einleitung in die Thematik (Kap. 1) erläutert Smrčka seinen methodischen und theoretischen Zugang und klärt Begrifflichkeiten wie Transport, Verkehr und traditionell(er Bergtransport) (Kap. 2). Anschließend legt er den bisherigen Forschungs- und Quellenbestand für die vier Regionen dar (Kap. 3), wobei er erstens auf die Umfragen der Tschechischen sowie Polnischen Gesellschaft für Volkskunde und zweitens auf die Sammlungsbestände regionaler Museen mit besonderem Augenmerk eingeht. Im vierten Kapitel skizziert er für jede der vier Regionen knapp den kulturhistorischen Kontext mit Fokus auf die Besiedlung der jeweiligen Bergregion durch verschiedene ethnische Gruppen. Der zweite Teil des Buches, Kapitel 5 bis 9, ist den jeweiligen Transportmitteln im Riesengebirge, Böhmerwald, den Beskiden und dem Javorník gewidmet, wobei rollende und von Menschen gezogene Verkehrsmittel in einem Kapitel zusammengefasst sind, während ein eigenes Kapitel zum Holzhandwerk eingeschoben ist.

Aleš Smrčkas Typologie erläutert in welcher Region welche Transportmittel (z. B. Hornschlitten, Rückentragen oder Planen) von wem (Deutschen oder/und Tschechen; wohlhabenden oder ärmeren Bevölkerungsschichten) für was genutzt wurden (z. B. Holz, Lebensmittel aber auch Eis zur Kühlung im Gastgewerbe); welche wo mit der Zeit verschwunden sind, weil sie ihre Funktion verloren haben oder weil das Wissen bedingt durch Aussiedlung und Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei nicht weiter tradiert wurde; welche wiederum in ihrer ursprünglichen Gestalt oder mit nur geringfügigen Modernisierungen weiterhin zum Einsatz kommen (z. B. Pferdegespanne für den Holztransport) oder welche der Bergtransportmittel heute als regionale Folklore Teil der Tourismusbranche geworden sind (z. B. Flöße und Schlitten). Die Monografie ist gut bebildert und reich an Informationen, die aus den unterschiedlichsten Quellen zusammengetragen wurden. Die Quellenvielfalt ist zu begrüßen, doch vermisst man quellenkritische und methodische Reflexionen. Ferner würde man sich an manchen Stellen, besonders da wo die (immerhin 48) Zeitzeuginnen und Zeitzeugen der Jahrgänge 1910 bis 1975 selbst zu Wort kommen, dichtere Beschreibungen wünschen, denn die tiefer liegenden Bedeutungen des Transportwesens für die Nutzerinnen und Nutzer bleiben oftmals nur angedeutet. Da es sich laut Autor um Stimmen der letzten Zeitzeuginnen und Zeitzeugen handelt, die sich an den Bergtransport oder an die Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern noch erinnern können, könnte eine Publikation der Interviews lohnen, nicht zuletzt auch um weitere Fragestellungen über eine systematische Typologie hinaus zu eröffnen.