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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Regina Frisch

Biografie eines Kochbuchs. Das „Bayerische Kochbuch“ erzählt Kulturgeschichte

Würzburg 2021, Königshausen & Neumann, 256, XVI Seiten mit Abbildungen, ISBN 978-3-8260-7509-4


Rezensiert von Corinna Schirmer
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 14.09.2023

Die 2021 erschienene „Biografie eines Kochbuchs“ von Regina Frisch beschäftigt sich mit der Gattung der Kochbuchliteratur, genauer dem „Bayrischen Kochbuch“. Der Untertitel „Das ‚Bayrische Kochbuch‘ erzählt Kulturgeschichte“ zeigt dabei bereits auf, dass das Kochbuch und sein Werdegang in seine jeweiligen kulturellen Kontexte eingebettet werden sollen.

Hierfür wählt Regina Frisch nach einer kurzen Einleitung in die Thematik die Gliederung der Kapitel analog zu verschiedenen Zubehör- und Fertigungsschritten des Kochprozesses:

Zunächst beschäftigt sie sich mit den „Zutaten“ des Bayrischen Kochbuchs. Sie gibt einen Einblick in seine Entstehungsgeschichte anhand der vorliegenden Quellenlage, insbesondere von Vereinsprotokollen. Diese ergänzt sie zudem um fiktive Protokolle und fügt teils fiktive teils reale Interviews mit Autorinnen und Autoren des Bayrischen Kochbuchs an. Verschiedene Rezepte werden diachron miteinander verglichen und durch Kommentare erweitert – gleichermaßen sind kurze historische Abrisse, beispielsweise zum Thema „Messen und Wiegen“ in der Kochkunst, ergänzt um Einblicke in verschiedene Rezepte.

Das folgende Kapitel „Zubereitung“ beschäftigt sich anhand von diachronen Vergleichen der einzelnen Ausgaben mit verschiedenen Rezepten und zeigt anhand derer einzelne Aspekte der Kochkunst und -literatur auf. Zunächst wird hierbei die Sprache in den Vordergrund gerückt. Hernach beschäftigt sich Regina Frisch mit der Verwendung alter Gemüsesorten sowie mit regionaler Küche. Inhaltliche Erläuterungen und Rezepte ergänzen sich hierbei gegenseitig. Sie führt zudem Themen zu Grundrezepten, Fleischgerichten, Gebäcken sowie der Resteverwertung aus. Ergänzt werden diese Einblicke in allgemeine Kochbücher um Themen wie „Rezeptabgänge“, „Trendsetter“ oder „Von der Krankenküche zur Krankenkost“.

Das dritte Kapitel „Anrichten“ geht nicht, wie zunächst zu vermuten ist, auf die Darbietung zubereiteter Speisen ein, sondern fragt nach der Darreichungsform des Bayrischen Kochbuchs selbst. Auflagenformate, -farben, Buchsatz sowie enthaltene Anzeigen werden chronologisch beschrieben und teils abgebildet. Weitere Unterkapitel nehmen die Designgeschichte und die Illustrationen des Kochbuchs in den Blick – hierfür sind in der ansonsten schwarzweiß gehaltenen Monografie farbige Abbildungen eingefügt. Zudem finden sich Zusammenschauen der Register wie Gliederungen und auch Querverweise innerhalb der Auflagen wieder. Eine Überschau der Preise des Bayrischen Kochbuchs gibt den Auftakt zum nächsten Unterkapitel „Die Kochbücher erzählen Geschichten“, das sich der Rezeption und Nutzungsgeschichte des Kochbuchs widmet. Ein fiktiver Brief sowie ein weiteres fiktives Interview skizzieren den Umgang mit Fehlern im Kochvorgang wie auch den sprachlichen Werdegang der Rezeptsammlung zu einem vermeintlich genuin bayrischen Kochbuch. Letzteres wird im Unterkapitel „Bayrische Creme. Das Bayrische Kochbuch ist kein Regionalkochbuch“ erneut aufgegriffen.

Das letzte Kapitel des Buches läutet unter dem Begriff „Abräumen“ gleichzeitig den Ausklang der Kapitel ein. Nach einem Überblick über die Auflagengeschichte des Buches werden zudem „Vergessene Rezepte“, die bei der Erneuerung der Auflagen nicht erneut in das Werk mit aufgenommen wurden, aufgeführt.

Es folgen ein Quellen- und Literaturverzeichnis, Bildnachweise sowie ein Register zu „Personen, Sachen und Rezeptnamen“. Die „Biografie“ eines Kochbuchs endet mit einer Danksagung.

Die „Biografie eines Kochbuchs“ sucht die anschauliche und lebendige Einbettung der Entstehungsgeschichte eines allgemeinen, deutschsprachigen Kochbuchs in die kulturellen Kontexte seines Werdegangs. Hierbei werden nicht nur verschiedene Sachebenen wie die regionale Vereinsgeschichte, die Kochbuchliteratur und allgemeine historische Entwicklungen miteinander verknüpft. Neben dem Kochbuch stehen die beteiligten Akteurinnen und Akteure im Blickfeld der Erzählung.

Um eine anschauliche Biografie darzustellen, wurden verschiedene Gestaltungselemente gewählt, unter anderem verschiedene Schriftarten verwendet, Texte kursiv gesetzt, Ergänzungen, Textbausteine und Rezepte zu kurzen Fließtexten hinzugefügt. Leider geht zugunsten der dadurch angedachten Leichtigkeit des Werkes an einigen Stellen die Übersichtlichkeit verloren. Längere Fließtexte wären hier an einigen Stellen wünschenswert, ebenso Literaturverweise, die leider in Bezug auf den theoretischen Überbau des Werkes im Text gänzlich ausgelassen und lediglich im anhängenden Verzeichnis aufgeführt wurden.

Insgesamt zeigt sich ein anschauliches Werk, dessen Ansinnen einer Subjektivierung eines Objekts – der „Biografie eines Kochbuchs“ – durchaus gelungen ist. Hinzu kommt, dass das Werk sich mit einer lange aus dem Blick geratenen Textgattung veranschaulichend und verständlich nähert und somit auch die Beschäftigung mit Ernährung und Esskultur im diachronen Zeitschnitt in den Fokus rückt.