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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Georg Satzinger

Residenzschlösser in verschiedenen Städten des südlichen Teutschlands. Ein Konvolut aus Balthasar Neumanns zeichnerischem Nachlass in der Österreichischen Nationalbibliothek

München [2022], Hirmer, 352 Seiten, zahlreiche Abbildungen


Rezensiert von Erich Schneider
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 27.10.2023

Als Manuel Weinberger 2011 während des Symposiums „300 Jahre Schloss Weißenstein ob Pommersfelden“ der Gesellschaft für fränkische Geschichte auf einen Planfund zur Baugeschichte dieses Schlosses aufmerksam machte und diesen auch im 2014 erschienenen Tagungsband anzeigte, lag so etwas wie Sensation in der Luft. 1926 hatte die Berliner Kunstbibliothek stattliche 98 Pläne aus Balthasar Neumanns Nachlass erwerben können. Seit dieser Zeit sind nur wenige Einzelblätter aufgetaucht. 2011 war die Unsicherheit über die im Rahmen eines von Hellmut Lorenz geleiteten Forschungsprojektes „Die Wiener Hofburg“ in den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek entdeckten ersten 41 Architekturzeichnungen noch groß. Damals überwog die Skepsis, es nicht mit Entwürfen, sondern mit post festum entstandenen Rissen zu tun zu haben. Es ist den Forschungen Georg Satzingers zu danken, dass nun weitere Zeichnungen in Wien zutage gefördert worden sind. Es handelt sich um ein Konvolut von 80 Zeichnungen aus Balthasar Neumanns Besitz, das auf 13 Einzelsignaturen in der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek und der Albertina in Wien verteilt ist. Die Blätter sind nahezu unberührt und vor allem unrestauriert. Deshalb erlauben sie, anders als die ehemals auf Karton kaschierten Blätter der Sammlung Eckert des Museums für Franken in Würzburg, eine neue Form der Auswertung von Mikroindizien; alleine das macht die neu entdeckten Wiener Risse so wertvoll.

In einem einleitenden Kapitel widmet sich Georg Satzinger „der bislang nie systematisch untersuchten Geschichte und Struktur der umfänglichen zeichnerischen Hinterlassenschaft Neumanns“. Daran schließt sich als Hauptteil eine Zuordnung und Auswertung der 80 Zeichnungen des Wiener Konvoluts an. Sie umfassen einen Zeitraum von um 1700 bis kurz nach der Jahrhundertmitte und betreffen neun Baukomplexe. Balthasar Neumann persönlich lässt sich mit insgesamt sieben Komplexen, beginnend 1723 mit dem Reichskammergerichtsgebäude in Wetzlar und endend mit den Projekten für das Schloss in Karlsruhe 1751, verbinden. Darüber hinaus hat er in Rissen anderer zu Bamberg, Pommersfelden, Poppelsdorf, Bruchsal und Karlsruhe eingegriffen. Im Einzelnen analysiert Georg Satzinger in Kenntnis des Wiener Bestandes die Planungen für die Residenzschlösser in Bamberg (1700/1702-1733), Bruchsal (1720-1746), Karlsruhe (1750-1751), Mannheim (1723), Mergentheim (ca. 1725-1726 und 1750), das Privatschloss Weißenstein ob Pommersfelden (1711-1737), Poppelsdorf (1745), Residenz und Stadt Rastatt (vor 1719-1728) sowie das Reichskammergericht Wetzlar (1723-1739). Der Autor setzt sich ferner intensiv mit der differenzierten und weitreichenden Bedeutung des Wiener Konvoluts für die Architekturgeschichte auseinander. Es folgen Anhänge mit Neumanns Erläuterungen zum Deutschordensschloss in Mergentheim von 1726, ein Katalog der von Neumann nach Karlsruhe gelieferten Entwürfe zum Markgräflichen Schloss und – vielleicht etwas überraschend – ein Katalog der Reste zweier Plankonvolute zu den Festungen der Hochstifte Bamberg und Würzburg aus Neumanns Besitz im Bayerischen Hauptstaatsarchiv (Kriegsarchiv) sowie – bemerkenswert – die Wasserzeichen in den Wiener Blättern. Es spricht für die Arbeitsweise von Georg Satzinger, dass er sich noch mit den aus der Auktion von Neumanns Nachlass von 1804 herausgelösten und ins Bayerische Kriegsarchiv gelangten Zeichnungen zu militärischen Anlagen beschäftigt hat. Das ebenfalls von Neumann täglich „beackerte“ Feld technischen Bauens, das sich zum Beispiel in Los Nr. 585 der Auktion von 1804 mit „176 Blättern in Royal Folio“ spiegelt, spricht er nicht an. Gerade hier dürften in Zukunft noch Entdeckungen zu erhoffen sein. Da ein wesentlicher Teil der Wiener Planzeichnungen querformatig angelegt ist, folgte Satzinger dem in seiner Edition und ermöglichte damit erfreulich große Abbildungen. Überhaupt lassen seine wissenschaftlichen Kommentare wie die Qualität der Abbildungen der Entwurfszeichnungen nach der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek und der Albertina keine Wünsche offen: eine mustergültige Publikation, die der Neumann-Forschung hoffentlich neuen Schwung zu geben vermag!