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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Manfred Krapf

Die Oberpfalz während der Weimarer Republik. Wirtschaft und Politik von der Revolution 1918/19 bis zum Ende der Republik 1933

Regensburg 2023, Friedrich Pustet, 328 Seiten


Rezensiert von Johann Kirchinger
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 06.05.2024

Die Geschichte der Weimarer Republik in substaatlichen Regionen gehört – zumindest außerhalb der städtischen Zentren – zu den Desiderata der Zeitgeschichtsforschung. Für die Oberpfalz wurde dieser wenig erforschte Zustand nun durch eine Studie des Historikers Manfred Krapf behoben. Dabei konzentriert sich dieser auf Politik und Wirtschaft. Religiöse, soziale und kulturelle Aspekte finden nur in ihrer Relation auf diese beiden Bereiche Berücksichtigung. Als Quellengrundlage dient in erster Linie behördliches Schriftgut, darunter an prominenter Stelle die Berichte der Regierungspräsidenten. Die für die Analyse der politischen Stimmung nötigen Zeitungen wurden kaum berücksichtigt.

Am Beginn der Arbeit steht eine strukturgeschichtliche Einleitung, welche die demographischen, sozialen, ökonomischen und politischen Ausgangsbedingungen der modernen oberpfälzischen Geschichte vorstellt. Darauf aufbauend ist die Arbeit streng chronologisch in die Phasen 1918 bis 1924, 1925 bis 1929 und 1930 bis 1933 gegliedert. Damit übernimmt Krapf die üblich gewordene Einteilung der Weimarer Republik in die anfänglichen und schlussendlichen Krisenjahre sowie die Zeit der wirtschaftlichen Blüte und relativen politischen Ruhe in den mittleren Jahren. Jedes dieser drei Großkapitel ist wiederum untergliedert in politische Ereignisgeschichte sowie gewerbliche und landwirtschaftliche Entwicklungen. In den politischen Abschnitten nimmt selbstverständlich der Aufstieg des Nationalsozialismus breiten Raum ein. Schließlich folgt eine Zusammenschau der oberpfälzischen Wahlergebnisse während der gesamten Zeit der Weimarer Republik. Die Arbeit beschließt dankenswerterweise ein Namens- und Ortsregister.

Krapf geht von dem herkömmlichen Bild einer wirtschaftlich unterentwickelten, agrarisch geprägten Region aus, das er nur zurückhaltend und vorsichtig zu revidieren versucht (S. 16, 298). Hier wäre zu wünschen gewesen, dass der Autor nicht nur auf die Produktionsdaten eingegangen wäre, sondern die Anwendung produktionstechnischer Innovationen stärker betont hätte, was er bei der gewerblichen Wirtschaft kaum, bei der Landwirtschaft überhaupt nicht thematisiert. Einerseits geht die Studie über die bisher bekannten Tatsachen nicht hinaus, wenn die wirtschaftlichen Probleme der Region beschrieben werden und der im reichsweiten Vergleich gebremste Aufstieg des Nationalsozialismus mit der katholisch-kirchlichen Bindung der Bevölkerung begründet wird. Dies zeigt sich etwa daran, dass dem Autor die stereotype Behauptung vom ländlichen Antisemitismus offenbar derart gesichert gilt, dass er sie nicht belegen zu müssen glaubt (S. 105). Andererseits gehören die detailliert nacherzählten sozialen Konflikte, so etwa die trotz der (vermeintlichen) Unterentwicklung der Oberpfalz zahlreichen Arbeitskämpfe, zu den Höhepunkten der Arbeit. Denn gerade sie sind in der Lage zu zeigen, in welchem Ausmaß eine randständige Region wie die Oberpfalz von den gleichen ökonomischen und politischen Problemen gebeutelt war wie der Rest des Reiches. Eine genauere Analyse der Abläufe dieser Ereignisse in Relation zu den bekannten Konflikten hätte Einblicke in das Ausmaß einer eventuellen oberpfälzischen Eigenentwicklung gebracht. So bleibt dem Autor, im Hinblick auf die Geschichte der Oberpfalz in den Jahren der Weimarer Republik von einem „eher verzögerten Verlauf, ohne dass von generellen Trends in einem signifikanten Maße abgewichen wurde“ (S. 298), zu sprechen.