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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen


Katharina Weigand

Max IV./I. Joseph. Letzter Kurfürst und erster König

Regensburg 2023, Friedrich Pustet, 167 Seiten, zahlreiche Abbildungen


Rezensiert von Luisa Götz
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 24.06.2024

Ob Maxvorstadt oder Max-Joseph-Denkmal, ob Ludwig-Maximilians-Universität oder das Münchner Nationaltheater: Noch heute erinnern zahlreiche Orte in der bayerischen Landeshauptstadt an den ersten bayerischen König. Die Münchner Historikerin Katharina Weigand, deren Forschungsschwerpunkt auf der bayerischen Geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts liegt, widmet sich in ihrer neuesten Monografie dem Leben und Wirken des letzten bayerischen Kurfürsten und ersten Königs. Dabei möchte sie das Hauptaugenmerk auf die Regierungszeit Max Josephs IV./I. als bayerischer Kurfürst und König legen, aber auch seine „Seelenfalten“ (S. 7) einer näheren Untersuchung unterziehen sowie der Fragestellung nachgehen, welche Entwicklungen Bayern unter seiner Regierung genommen hat. Hierzu stützt sie sich in ihren Ausführungen überwiegend auf die 1957 erschienene Biografie von Adalbert von Bayern, Max I. Joseph von Bayern. Pfalzgraf, Kurfürst und König, München 1957. Die bisherige Forschung konzentrierte sich zumeist auf den Minister Maximilian von Montgelas und weniger auf den Monarchen (wie z.B. die umfassende zweibändige Biografie von Eberhard Weis, Montgelas, Bd. 1: Zwischen Revolution und Reform 1757-1799, München 21988; Bd. 2: Der Architekt des modernen bayerischen Staates 1799-1828, München 2005). Zudem berücksichtigen die vorhandenen Publikationen über Max Joseph sein Leben vor 1799 wenig. Eine „moderne wissenschaftliche Biografie“ (S. 8) zum ersten bayerischen König fehlt noch immer. Die von Thomas Götz herausgegebene Reihe „kleine bayerische biografien“ richtet sich sowohl an ein Fachpublikum, das einen ersten Zugang zu einer (historischen) Persönlichkeit sucht, als auch an ein fachfremdes Publikum, das lediglich Interesse, aber keine speziellen Vorkenntnisse mitbringt.

Weigand folgt in ihrem Buch einer „konventionell[en]“ (S. 8) Gliederung, die sich an den Lebensabschnitten Max Josephs als Pfalzgraf, Herzog, Kurfürst und König orientiert. Sie beginnt zunächst mit den Kinder- und Jugendjahren. Denn als „Zweitgeborener eines Zweitgeborenen“ konnte bei der Geburt Max Josephs am 27. Mai 1756 niemand ahnen, dass er einmal der Erbe aller noch existierenden wittelsbachischen Linien sein würde. Die Mutter des Hofes verwiesen, wuchs Max Joseph an den Höfen des pfälzischen Kurfürsten sowie des Herzogs von Zweibrücken auf. Die Erziehung war stark frankophil und von den Ideen der Aufklärung geprägt. In die Fußstapfen seines Vaters trat der junge Pfalzgraf, als er mit 14 Jahren zum Oberst des Regiments Royal Alsace ernannt wurde. Besonders die Jahre nach 1777 waren dennoch sehr unstete für ihn, eilte ihm doch der Ruf, „Frauenheld und Schuldner“ (S. 28) zu sein, voraus. Zumindest ersteres änderte sich durch die Vermählung mit Auguste Wilhelmine von Hessen-Darmstadt, die jedoch bereits 1796 verstarb. Resultierend aus den Folgen der Französischen Revolution waren die Jahre zwischen 1789 und 1799 von „Geldsorgen, Flucht und Vertreibung“ (S. 32) gekennzeichnet. Mit dem plötzlichen Tod seines Bruders wurde Max Joseph 1795 zum „Herrscher ohne Land“ (S. 39), da sich das Herzogtum Zweibrücken in französischer Hand befand.

Anschließend erörtert Weigand, warum gerade die Ansbacher Jahre zu den mitunter prägendsten in Max Josephs Leben zählten. Nicht nur lernte er hier seine zweite Ehefrau Prinzessin Karoline Friederike von Baden kennen, sondern auch seinen künftig wichtigsten Weggefährten, Maximilian von Montgelas. Weiterhin zeigt die Autorin auf, von welch großen politischen Unsicherheiten die kurze Phase Max Josephs als Herzog geprägt war. Dies sollte sich erst mit dem Tod Karl (IV.) Theodors von Pfalz-Bayern 1799 ändern. Zugleich betont Weigand, dass mit Max Joseph nun ein Monarch den Thron bestieg, der nicht zum Regieren erzogen worden sei und der zudem über keinerlei praktische Regierungserfahrungen verfügt habe.

In ihrem dritten Kapitel rückt Weigand nicht nur Leben und Wirken des neuen Kurfürsten in den Vordergrund, sondern geht ebenso der Frage nach, ob Max Joseph oder nicht vielmehr Montgelas die bayerische Politik bestimmte. Sie skizziert den Regierungsantritt Max Josephs, der sich besonders in außenpolitischer Hinsicht als herausfordernd gestaltete. Dabei arbeitet die Autorin heraus, dass der Kurfürst in innenpolitischen Fragen und den einsetzenden Reformen stark den Kompetenzen Montgelasʼ vertraute, wenngleich deren Realisierung nur im Einklang mit dem Monarchen möglich waren. In außenpolitischen Fragen gab hingegen der Kurfürst entschieden die Leitlinie vor. Es folgt eine ausführliche Besprechung des von Montgelas initiierten Reformprogramms. Die Außenpolitik des Kurfürstentums war von einem Ringen um Allianzen bestimmt, dessen Ziel die Sicherung des Territoriums war. Der dritte, gegen Frankreich bevorstehende Koalitionskrieg machte die Entscheidung für eine Kriegspartei erforderlich. Diese fiel mit dem Vertrag von Bogenhausen, der Bayern zu einem Verbündeten Napoleons machte. Damit hatte sich das Kurfürstentum auf die Seite der Sieger geschlagen. Belohnt wurde dies mit der Aufwertung zum Königreich.

Das letzte und zugleich umfänglichste Kapitel beginnt Weigand mit der am 1. Januar 1806 erfolgten Proklamation Max Josephs zum König von Bayern. Damit begründete er zugleich die bayerische Tradition der Thronbesteigung ohne Krönung. Ausführlich skizziert Weigand den Weg Bayerns vom Alten Reich in den Rheinbund, wobei sie besonders die „Erlangung der vollen staatlichen Souveränität“ (S. 91) hervorhebt. Ferner sei die Rheinbundzeit eine der Belastung nach außen, zugleich aber auch eine der Konsolidierung nach innen gewesen. Am sichtbarsten schlug sich letzteres in der Konstitution des Jahres 1808 nieder. Weigand beschreibt diese als „eine Zusammenfassung aller seit 1799 in Bayern durchgeführten Reformen“ (S. 97). Spätestens mit dem Russlandfeldzug hatte sich das Kriegsglück Napoleons gewandt. Abermals gelang es dem Königreich, rechtzeitig auf den richtigen Bündnispartner zu setzen und „ins Lager der nachmaligen Sieger“ (S. 109) zu wechseln. Auf dem Wiener Kongress verfolgte Bayern dann das Ziel, seine vor Kurzem gewonnene staatliche Souveränität sowie die territorialen Gewinne der vorangegangenen Jahre zu erhalten. Dieses Unterfangen war jedoch nicht gänzlich von Erfolg gekrönt. Hingegen skeptisch stand man dem neu errichteten Deutschen Bund gegenüber. Denn den Einfluss jenes Staatenbundes auf die inneren Angelegenheiten seines Landes wollte der König weitgehend beschränkt wissen. In ihren Ausführungen zum Deutschen Bund vergisst Weigand leider, dass der Staatenbund sehr viel mehr Aufgaben hatte, als „den deutschen Staaten bei Angriffen von außen sowie bei Revolten im Innern beizustehen“ (S. 115). Daneben wurde das gemeinsame Organ – die Bundesversammlung – nicht Bundesrat, sondern in Anlehnung an den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg auch Bundestag genannt. Eine überraschende Wende stellte die Entlassung seines langjährigen Ministers Montgelas im Jahr 1817 dar. Maßgeblich an dieser Entscheidung beteiligt war der Thronfolger Ludwig, galt dieser doch seit jeher als ein erbitterter Gegner des Ministers. Hinreichend legt Weigand dar, wie die Verkettung verschiedener Umstände schließlich den Sturz Montgelas’ herbeiführte. Einen weiteren innenpolitischen Transformationsprozess stellte die Verfassung von 1818 dar, durch welche Bayern nun zur konstitutionellen Monarchie geworden war. Gleichwohl fraglich ist die Bewertung Weigands, die das Königreich damit an die „Spitze der verfassungspolitischen Entwicklung in ganz Deutschland stellt“ (S. 126), hatten doch andere deutsche Staaten längst Verfassungen verabschiedet.

Am 13. Oktober 1825 verstarb schließlich Bayerns erster König. Doch das Gedenken an ihn, mitunter stark durch seinen Sohn Ludwig gefördert, hält bis heute an. Sein Verdienst bestand nicht zuletzt in der Umwandlung des einstigen Kurfürstentums in ein Königreich sowie in der Grundsteinlegung für die Entwicklung hin zu einem modernen Staat, wobei ihm besonders sein Minister Montgelas hilfreich zur Seite stand.

Weigand arbeitet zielorientiert das Leben Max Josephs auf, wobei nicht immer primär dieses selbst, sondern auch die Geschichte Bayerns im Fokus steht. Ihr Vorgehen – der Rückgriff auf eindrucksvolle Quellenzitate aus der Biografie Adalberts von Bayern, der Einsatz von Bildern, Karten und Informationskästen im Text, die Beigabe einer Zeittafel sowie Monarchen- und Stammbaumübersicht im Anhang – erleichtern den Zugang zu Leben und Wirken Max Josephs auch einem fachfremden Leserkreis einmal mehr. Obschon sie keine neuen Erkenntnisse zur Biografie des ersten bayerischen Königs liefert, erschafft sie in einem äußerst ansprechenden Schreibstil eine konzise Zusammenfassung des Bekannten, womit die Autorin ihrem Anspruch an das Buch sowie dem Reihenformat überaus gerecht wird. Dessen ungeachtet sollte eine künftige, umfassende Biografie zu Max Joseph weniger die politische Ereignisgeschichte, sondern stärker die Person des Monarchen und seine Politik in den Fokus nehmen.