Aktuelle Rezensionen
Karin Schneider-Ferber
Kaiser Heinrich II. und Kunigunde. Das heilige Paar
(kleine bayerische biografien), Regensburg 2022, Friedrich Pustet, 160 Seiten, 23 schwarz-weiße Abbildungen
Rezensiert von Thorsten Schlauwitz
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 24.09.2024
Vor 1000 Jahren starb der erste bayerische Herzog, welcher zur deutschen Königswürde gelangt ist. Heinrich II. (1002–1024) war dabei der fünfte und letzte Herrscher, welcher aus dem Geschlecht der Ottonen stammte. Der Dynastiewechsel hin zu den Saliern nach seinem Tod lag in der Kinderlosigkeit der Ehe mit seiner Frau Kunigunde von Luxemburg begründet. Deren Ursache wurde in der Führung einer Josephsehe gesehen, welche ein wesentliches Argument für die spätere Heiligsprechung des Paares darstellte. Die durch das vorliegende Werk erstmalige, gemeinsame Behandlung eines Paares innerhalb der Reihe „kleine bayerische biografien“ ist somit angebracht. Bereits der Untertitel „Das heilige Paar“ hebt dies sowie die einmalige Heiligsprechung eines deutschen Herrschers hervor. Leben und Wirken des Herrscherpaares werden in zehn thematischen Kapiteln präsentiert. Die ersten beiden Abschnitte widmen sich Heinrichs Familienabstammung aus dem Geschlecht der Ottonen und seiner Herrschaftspraxis als Herzog von Bayern, während die folgenden zwei Kapitel Kunigunde und die Krönung beider in den Fokus rücken. Das Wirken Heinrichs als König tritt in den folgenden Kapiteln in den Vordergrund. Beleuchtet wird das Agieren mit vorwiegend auswärtigen Herrschern, die Förderung Bambergs einschließlich der Gründung des Bistums, die Kaiserkrönung in Rom sowie die kirchliche Sphäre. Hier griff er häufig aktiv in die Kirchenhierarchie ein, nicht nur durch sein Engagement für das Bamberger Bistum, sondern auch durch eigenhändige Benennung von Bischöfen und weiteren kirchlichen Prälaten. Nach dem Abschnitt zu Tod und Herrschaftsübergabe widmet sich das ausführlichste Kapitel dem Nachleben des kinderlosen Herrscherpaares, welches durch die jeweiligen, zeitlich getrennten Heiligsprechungen bedeutsam ist. Letztere wurde durch die Förderung der Kirche, des benediktinischen Klosterwesens, besonders aber durch die Errichtung des Bamberger Bistums und verschiedene Wunder und vor allem die Josephsehe begründet. Hier zeigt die Autorin die unterschiedlichen Interessensgruppen hinter der jeweiligen Kanonisation auf und umreißt die Veränderungsprozesse der Verehrung. Obwohl Kunigunde erst nach ihrem Mann heiliggesprochen wurde, fand ihr Kult in späteren Jahrhunderten eine wesentlich weitere Verbreitung.
Insgesamt zeigt der Band damit alle bedeutsamen Aspekte der Vita des Herrscherpaares auf, sofern die Quellen dazu Aufschluss geben. Die thematische Orientierung bringt es selbstverständlich mit sich, dass chronologische Zusammenhänge teilweise auseinandergerissen werden Zur Veranschaulichung des Textes dienen auch direkte Quellenzitate (in deutscher Übersetzung), wobei eine Quellenkritik nicht immer erfolgt. Erkennbar ist das Bemühen, beiden Personen entsprechend der Quellenlage ausgewogen Platz in der Darstellung zu gewähren. Gerade für die letzten Jahre Kunigundes als Witwe, in denen sie sich als einfache Nonne in das von ihr gegründete Kloster Kaufungen zurückzog, liegen jedoch kaum Belege vor.
Die Reihe wendet sich dezidiert an ein breites Publikum, weswegen auf Nachweise verzichtet und auch der wissenschaftliche Sprachduktus nicht konsequent eingehalten wird (z.B. S. 29: „Heinrich machte vom Beginn seiner Herrschaft in Bayern an klar, wer Koch und Kellner war“). Zugleich erscheinen die Interpretationen über das Gefühlsleben der Personen zuweilen großzügig interpretiert. Ansonsten ist das Buch gut lesbar und bietet einen kompakten Einstieg in das Leben des Herrscherpaares sowie in die politische Geschichte dieser Epoche. Letzteres wird nicht zuletzt durch mehrere graphisch hervorgehobene Einschübe erzielt, die Platz für Hintergründe und Exkurse gewähren. Wer das Thema tiefer erschließen möchte, für den ist das 5-seitige Quellen- und Literaturverzeichnis angefügt, wenngleich sich dieses nahezu ausschließlich auf monographische Werke begrenzt. Eine Zeitleiste und ein Stammbaum runden das Werk ab, 23 Abbildungen illustrieren die Darstellung.