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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen

Ars Bavarica. Gesammelte Beiträge zur Kunstgeschichte, Geschichte und Volkskunde in Bayern

91 (2022), Starnberg, Apelles, 237 Seiten, zahlreiche Abbildungen


Rezensiert von Hannelore Putz
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 11.10.2024

Die Stiftspfarrkirche St. Philippus und Jakobus in Altötting steht im Mittelpunkt des 2022 erschienenen 91. Bandes der auf dem Feld der kunst- und kulturhistorischen Forschung renommierten Zeitschrift Ars Bavarica. Markus T. Huber unternimmt es dabei, die Bau- und Ausstattungsgeschichte zu untersuchen (S. 6-159). Huber forscht seit langem über St. Philippus und Jakobus in Altötting und hat schon mehrere einschlägige Publikationen dazu vorgelegt. Als Kunsthistoriker und Denkmalpfleger ist er in besonderer Weise prädestiniert, die komplexe, über Jahrhunderte gehende Bau- und Ausstattungsgeschichte der Stiftspfarrkirche zu untersuchen. In der vorliegenden Studie zeigt er einmal mehr auf, dass es die 1489 beginnende und schnell bedeutend werdende Wallfahrt zur Altöttinger Gnadenmutter gewesen ist, die den entscheidenden Impuls gegeben und auch die finanziellen Ressourcen beigebracht hat für die große Baumaßnahme an dem seit dem 13. Jahrhundert bestehenden romanischen Vorgängerbau. Darüber hinaus verdeutlicht er an einer Reihe von Beispielen, dass die bayerischen Herzöge, die Stiftspröpste Johannes Mair und Dr. Johann Neuhauser wie auch Ritter Thomas Löffelholz von Kolberg großen Einfluss auf das Bau- und Ausstattungsprogramm genommen haben. Eindrücklich legt er dar, wie planvoll der Neubau der Stiftspfarrkirche angelegt wurde, um heilige Orte zu schaffen, Repräsentationsbedürfnisse zu stillen und schließlich und vor allem, um den Wallfahrtsbetrieb voranzubringen.

Mit einer Kombination aus stupender Quellen- und Literaturkenntnis wie dem gleichzeitig einhergehenden ausführlichen Studium baulicher und archäologischer Befunde kommt Huber zu einleuchtenden und dicht belegten Ergebnissen. So überzeugt beispielsweise seine These, dass die Grundsteinlegung 1499 offensichtlich erst verzögert stattgefunden hat und im bereits laufenden Baugeschehen nachgeholt wurde (S. 27). Der Entstehungsprozess von der Fertigstellung der äußeren Hülle der Kirche etwa 1501 bis zum Bauabschluss 1509 und der Weihe 1511 wird detailliert beschrieben (S. 28-50). Auch die späteren Veränderungen des Baubestands bis 2006 werden klar benannt und kurz ausgeführt (S. 50-53) und – besonders wertvoll – das bauhistorische Umfeld wird ebenfalls untersucht (S. 53-59). Besonderes Gewicht kommt schließlich den Ausführungen zur Ausstattung der Stiftspfarrkirche zwischen 1503 und 1520 zu. Hier begründet der Autor die spezifische Form der Ausstattung aus seiner Nutzung sowohl als Kirche für das Kollegiatstift im sogenannten Klerikerchor als auch als Pfarr- und Wallfahrtskirche für die Einwohner und Wallfahrer in der Laienkirche. In einem kürzeren Abschnitt skizziert der Autor zudem die weitere Ausstattungsgeschichte bis 1965. In besonderer Weise beeindruckt das im Germanischen Nationalmuseum verwahrte Familienbuch des Hans Wilhelm Löffelholz von Kolberg, das das Memorialensemble nahe des Choraltars sichtbar werden lässt, das Thomas Löffelholz in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gestiftet hatte (S. 59-145). Auch wenn der Autor abschließend eine Reihe von Forschungsdesideraten benennt, so liegt doch hier das nun gültige Standard- und Referenzwerk für die Bau- und Ausstattungsgeschichte von St. Philippus und Jakobus in Altötting vor.

Anschließend stellt Benjamin Rudolph die Ergebnisse einer kunsttechnologischen Untersuchung zweier Tafeln des ehemaligen Chor-Retabels in St. Philippus und Jakobus zum Ursulamartyrium und der Dämonenaustreibung des Hl. Jakobus minor vor und ergänzt die Ausführungen von Markus T. Huber dabei gewinnbringend (S. 160-175).

Den Band vervollständigt ein größerer Beitrag von Benno C. Gantner zu Ulrich Neunhauser, genannt Kriechbaum, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in München als Maler und Bildhauer wirkte (S. 176-213). Gantner erarbeitet eine Werkzusammenstellung, mit der es ihm gelingt ihm, Neunhauser als Lehrmeister Erasmus Grassers zu profilieren und zu zeigen, dass er „eine der bedeutendsten süddeutschen Bildhauerwerkstätten des 15. Jahrhunderts in München unterhielt“ (S. 210). Darüber hinaus erkennt er in Werken, die bislang Grasser zugeschrieben wurden, Neunhauser als Künstler.

Unter „Fundstücke“ werden schließlich die Artikel von Albrecht Miller und Benno C. Gantner subsumiert. Die beiden kleineren, den Band abschließenden Beiträge weisen zum einen zwei spätgotische Figuren in der St. Maximilianskirche in München dem in Kaufbeuren wirkenden Bildschnitzer Konrad Köppel (Miller, S. 216-227) und die zwölf Apostelfiguren in St. Peter und Paul Harkirchen der Münchner Werkstätte Hans Haldners (Gantner, S. 228-235) zu.