Aktuelle Rezensionen
Heinz Duchhardt
Die Frühgeschichte der Mainzer Historischen Kommission. Geschichtswissenschaft im Kontext der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse
(Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Abhandlungen der Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse 2024 Nr. 5), Mainz/Stuttgart 2024, Akademie der Wissenschaften und der Literatur/Franz Steiner, 121 Seiten
Rezensiert von Stephan Deutinger
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 24.01.2025
Die Mainzer Historische Kommission wurde 1949 gegründet. Namhafte deutsche Historiker gehörten ihr an. Deutliche Akzente in der Forschungslandschaft vermochte sie nicht zu setzen. 2019 hörte sie auf zu bestehen.
Das ist in dürren Worten die wenig glanzvolle Geschichte der, wie sie bis 1971 hieß, „Kommission für Geschichte“ der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Anläßlich des 75-jährigen Gründungsjubiläums dieser Akademie legt ihr Mitglied Heinz Duchhardt eine Darstellung über die Entwicklung der Kommission in den ersten beiden Jahrzehnten ihres Bestehens vor, die verständlicherweise weniger dazu gedacht ist, dieser ein Denkmal zu setzen, als vielmehr einen Beitrag zu einer noch fehlenden Gründungs- und Frühgeschichte der Akademie zu leisten.
Duchhardt erledigt das mit gewohnter Routine, soweit es die Quellen eben zulassen. Denn Akten oder Protokolle dieser Kommission sind nicht überliefert, vielleicht sogar nie entstanden, auf die Auswertung der Nachlässe ihrer Mitglieder wurde verzichtet. So bleiben nur die gedruckten und ungedruckten Unterlagen der Gesamtakademie und ihrer Klassen übrig, die kein sehr dichtes Bild geben. Warum keines der Mitglieder sich stärker engagieren wollte, nicht Hermann Heimpel, nicht Otto Brunner, nicht Franz Schnabel, nicht Heinrich von Srbik, nicht Kurt von Raumer und nicht Theodor Schieder, ja warum mancher nicht ein einziges Mal überhaupt in Mainz erschienen ist, bleibt ohne ihre wechselseitigen Korrespondenzen zwangsläufig undurchsichtig; die Summe divergierender wissenschaftlicher Biographien muß über erhebliche Strecken eine eigentliche Geschichte der Kommission ersetzen.
Positiv tritt allein die Gestalt Peter Rassows hervor, der sich bereit erklärte, den Kommissionsvorsitz zu übernehmen, zeitweise auch als Akademiepräsident fungierte, die Provinzposse eines Wormser „Instituts für abendländische Geschichte“ abwehrte und vor allem das einzige nennenswerte Projekt der Kommission in dieser Epoche initiierte, die „Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867-1914“. Daß Rassow dafür eigentlich fachlich unzuständig war und der Abschluß dieser Edition statt der ursprünglich veranschlagten drei letztlich 60 Jahre in Anspruch nahm, paßt in das Bild, das geisteswissenschaftliche Akademieprojekte generell abgeben – „eine wenig glückliche Hand“ bei den Zuwahlen (S. 117) erklärt manches, aber nicht alles.