Aktuelle Rezensionen
Christine Riedl-Valder (Hg.)
Die Fackel der Religionsfreiheit leuchten lassen... Das 500-jährige Reformationsjubiläum von Beratzhausen (1521-2021)
(Schriftenreihe des Marktes Beratzhausen 15), Kallmünz 2023, Lassleben, 164 Seiten, zahlreiche Abbildungen
Rezensiert von Stefan Benz
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 12.02.2025
Komplex ist bekanntlich die Geschichte des Reformationsjahrhunderts in der Oberpfalz. Handbuchwissen ist der häufige Konfessionswechsel der Pfälzer Kurfürsten, schließlich das Simultaneum in der Pfalzgrafschaft Sulzbach und die besondere Rolle der evangelischen Reichsstadt Regensburg, die große katholische Enklaven zu dulden hatte. Dabei gerät aus dem Blick, dass der Adel vor Ort vielfach anders und eigenwillig entschied. So blieben die Landgrafen von Leuchtenberg katholisch. Einen entgegengesetzten Weg beschritt Reichsfreiherr Bernhardin II. von Stauff zu Ehrenfels (im Band auch Ernfels geschrieben), Inhaber der gleichnamigen Herrschaft mit Sitz in Beratzhausen: Ihm wird traditionell nachgesagt, bereits 1521 Martin Luthers Reformation eingeführt zu haben.
Der 500-jährigen Wiederkehr des Geschehens ist die vorliegende Festschrift gewidmet, die Beiträge verschiedener Autoren, die das Thema umkreisen, vereint. Mehrfach wird die Situation des Hauses Stauff und seines Aufstiegs im 15. Jahrhundert umrissen, gezeichnet von Privilegierung durch den Kaiser und das Herrscherhaus, aber auch zunehmender Entfremdung zu den Wittelsbacher Herzögen und dem Niederadel, dann der Einfluss der Stauffer auf die Reformation Regensburgs sowie das Kirchenwesen in ihren Herrschaften Köfering und Sünching beschrieben. In der Stadt besaßen die Stauffer einen Freihof, Ort des ersten offiziellen Gottesdiensts in Regenburg, in dem das Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht wurde (1542). Dies ist auch das Todesjahr Bernhardins II. Seine Familie blühte noch bis 1598, als der letzte männliche Angehörige des Hauses starb und alle Lehen Pfalz-Neuburg zufielen, das schon 1568 Beratzhausen erkauft hatte. Seitdem teilt dieser Ort die konfessionellen Schicksale Pfalz-Neuburgs und ist bald wieder katholisch.
Einige Beiträge kontextualisieren das Geschehen. So wird das Phänomen der Reichsherrschaft und der damit assoziierten Landeshoheit im Vergleich Frankens und Altbayerns dargestellt und entwickelt, wie die Stauffer gegen den Trend am Rande Altbayerns eine Art Landesherrschaft errichten konnten, der ihre Reformation als eine der Messstiftung, nicht jedoch der Pfarrei Beratzhausen begünstigte.
Bekannter als Bernhardin II. von Stauff zu Ehrenfels ist vermutlich seine Schwester Argula von Grumbach, die geradezu als Reformatorin gelten kann. In der frühen Phase der Reformation loteten sie und ihre Schwägerin Anna von Stauff, geborene Gräfin Schlick, weibliche Handlungsspielräume aus, wie weitere Beiträge zeigen. Bezeichnend für die fernere Entwicklung dieser „Agency“ ist, dass beider Todesdatum in der zweiten Hälfte des Reformationsjahrhunderts umstritten oder unbekannt ist. Mit einem ihr 1996 errichteten Denkmal vor der modernen evangelischen Kirche in Beratzhausen ist Argula heute wieder präsent. Anna dagegen, eine eigenwillige Kirchenherrin, die in Köfering und Regensburg wirkte, lebte durch Stiftungen weiter, meist der Bildung gewidmet. In diesen Zusammenhang gehört auch der Beitrag zur Schulmeisterin Magdalena Heymeir aus Regensburg, die vorübergehend in adeligen Haushalten lehrte und als geistliche Autorin meist didaktischen Anspruchs bekannt wurde (gestorben 1586 nahe Kaschau).
Manche Aspekte lassen sich quer erlesen, etwa die diversen Bildungsbestrebungen des Hauses der Stauffer, ablesbar an prominenten Besuchern wie Aventin und Paracelsus, dem Buchbesitz des 15. Jahrhunderts oder der don-quijotesken Vornamensgebung der Familie. Die vielfache Verschwägerung mit den Grafen Schlick aus Nordwestböhmen, ebenfalls Aufsteigern des 15. Jahrhunderts, ist umso bemerkenswerter, als diese, genauer Graf Sebastian, ebenfalls 1521 die Reformation einführten und 1522 eine evangelische Kirchenordnung mit 18 Artikeln für die Stadt Elbogen (Loket) drucken ließen.
Ein Beitrag zur Geschichte der Evangelischen in Beratzhausen nach 1568 rundet die historische Umschau ab. Damit wird der Markt nahe Regensburg zu einem Gedächtnisort der Reformation profiliert.