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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen


Nadja Bennewitz/Gesa Büchert/Mona Kilau (Hg.)

Positionen, Projekte, Perspektiven. Zwischen Geschichtsdidaktik und fränkischer Kulturgeschichte

Göttingen 2023, Vandenhoeck & Ruprecht, 417 Seiten


Rezensiert von Andreas Sommer
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 18.03.2025

Der hier zu besprechende Band ist als Festschrift für Charlotte Bühl-Gramer anlässlich ihres 60-jährigen Geburtstages entstanden. In 32 Beiträgen melden sich Weggefährten der Jubilarin zu Wort, um die verschiedenen Felder des historischen Forschens von Bühl-Gramer mit eigenen Themen und Ansätzen zu vertäuen. Die Herausgeberinnen dieses Jubiläumsbandes identifizieren drei Schwerpunktbereiche, zu denen die Jubilarin forscht und publiziert: Geschichtskultur, Geschichtsvermittlung und Landesgeschichte. In dieser Besprechung können nicht alle Beiträge in ausreichendem Maße gewürdigt werden, weshalb im Weiteren die Gliederung der Herausgeberinnen in die drei genannten Schwerpunktbereiche beibehalten wird, um auf einer übergeordneten Ebene diesen Band in den gebotenen Grenzen dieses Rezensionsformates besprechen zu können.

Eröffnet wird die vorliegende Festschrift mit der Biographie und dem umfassenden Schriftenverzeichnis von Charlotte Bühl-Gramer. Neben einigen spezifischen Stationen ihrer Vita beschreiben die Herausgeberinnen die wissenschaftlichen Schwerpunkte Bühl-Gramers. Das innige Verhältnis der Herausgeberinnen zu ihrer Professorin und Kollegin verleiht sich direkten Ausdruck in der Charakterisierung Charlotte Bühl-Gramers als „Teamplayer und […] Vertreterin flacher Hierarchien“ (S. 14). Bei der Erläuterung zur Konzeption der Festschrift wird dieser Faden nochmals aufgenommen und die Jubilarin als eine von den Herausgeberinnen „geachtete und geschätzte Vorgesetzte, eine gefragte und stimulierende Gesprächspartnerin und mehr als eine kollegiale Freundin“ geschildert (S. 30). Dass solche Zeilen nicht als ‚Lobhudelei‘ daherkommen – wie in Festschriften hin und wieder üblich –, merken auch kritische Leser sehr deutlich. Es melden sich nicht bloße Weggefährten, sondern Kollegen in freundschaftlicher Verbundenheit zu Charlotte Bühl-Gramer mit eigenen Beiträgen zu Wort, um die sympathische Jubilarin angemessen zu würdigen.

Das erste Großkapitel widmet sich der öffentlichen Rezeption von Vergangenheit – der Geschichtskultur: Die Beiträge zu diesem genuin geschichtsdidaktischen Forschungsbereich rekurrieren auf das Interesse an der öffentlichkeitswirksamen Inszenierung von Geschichte. Vor diesem Hintergrund werden Erklärvideos am Beispiel von ‚MrWissen2go‘, historische Serien mit ‚Game of Thrones‘, Geschichtsmagazine, Denkmale in Budweis und Offenburg, Straßennamen, Museen und Überreste nationalsozialistischer Prunkarchitektur wie die Nürnberger Kongresshalle einer kritischen Analyse unterzogen. Alle in diesem Kapitel versammelten Beiträge machen deutlich, dass geschichtskulturelle Reflexion wesentlicher Bestandteil geschichtsdidaktischen Forschens und Lehrens ist und damit auch für das historische Lernen in der Schule fruchtbar gemacht werden muss.

Im zweiten Großkapitel summieren sich Beiträge zur „Geschichtsvermittlung“. Hier werden zeitgenössische und innovative Themenfelder im Fokus aktueller Anfragen an den Geschichtsunterricht ventiliert. Neben didaktischen Überlegungen zu Social Media, Heterogenität, Mehrsprachigkeit und Gendergeschichte sowie zur landjüdischen Kulturgeschichte reihen sich auch Beiträge, die historisches Lernen im Museum und Archiv durchleuchten. Alle Beiträge dieses Kapitels zeigen, dass „Geschichtsvermittlung“ weit mehr umfasst als Fragen nach wirksamen Unterrichtsmethoden, „Geschichtsvermittlung“ muss sich reflexiv mit der aktuellen gesellschaftlichen Relevanz von Geschichte auseinandersetzen. Dieses Postulat unterstreichen alle in diesem zweiten Kapitel vereinten Beiträge deutlich.

Ein drittes Kapitel widmet sich der „Geschichtsforschung zu Franken“; ein landesgeschichtliches Forschungsfeld, in dem sich Charlotte Bühl-Gramer trotz ihrer didaktisch ausgerichteten Profession etablieren konnte. Neben Beiträgen zur jüdischen Geschichte und zur Demokratiegeschichte Oberfrankens rückt die Stadt Nürnberg ins Zentrum der Beitragenden. Es geht neben dem spätmittelalterlichen „Frauenwirt“ Conrad von Neuenfels um Aspekte zur frühneuzeitlichen Stadtgeschichtsschreibung sowie um Hegels Nürnberg-Bild im frühen 19. Jahrhundert. Die hier versammelten Beiträge ermöglichen exemplarische Einblicke in regional- und lokalgeschichtliche Forschungslandschaften Frankens und machen deutlich, dass mikrohistorische Ansätze ein unverzichtbares Fundament für übergreifende historiographische Ansätze bereitstellen.

Der Ansatz der Herausgeberinnen ist es, die „vielfältigen Forschungsschwerpunkte und Handlungsfelder“ (S. 26) von Charlotte Bühl-Gramer nicht nur zu würdigen, sondern sie in den hier vereinten Aufsätzen zu „spiegeln“ (S. 26). Dieses Vorhaben ist gelungen, wenngleich sich der Rezensent in der Einführung in diesen Band eine stringentere Systematisierung der hier versammelten Beiträge gewünscht hätte. In summa liegt ein Band vor, dem es vor allem in den geschichtsdidaktischen Großkapiteln gelingt, künftige Forschungsfelder zu innovieren.