Aktuelle Rezensionen
NORICA. Berichte und Themen aus dem Stadtarchiv Nürnberg 17 (2021), Schwerpunkt: Geld und Geldwirtschaft
Nürnberg 2022, Stadtarchiv, 136 Seiten, zahlreiche Abbildungen
Rezensiert von Christian Petrzik
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 02.04.2025
2021 beging Nürnberg zwei Jubiläen in Verbindung mit dem Thema Geld: 1621 war in Nürnberg der Banco Publico gegründet worden, eine Girobank zur Regulierung des bargeldlosen Zahlungs- und Kreditverkehrs. Am 2. November 1821 wurde die Nürnberger Sparkasse ins Leben gerufen. Das Nürnberger Stadtarchiv nimmt dies zum Anlass, den Schwerpunkt in der Norica-Ausgabe 17 auf Geld und Geldwirtschaft zu legen.
Der Gründung des Banco Publico und seiner Bedeutung für die Nürnberger Wirtschaft in reichsstädtischer Zeit widmet sich Markus A. Denzel. Der Banco Publico war ein städtisches Amt zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Sein Aufgabenbereich umfasste den gesamten Geldverkehr mit Ausnahme des Umtauschs einer Münzsorte in eine andere (Sortentausch). Denzel erläutert die Geschichte dieser Institution von ihrer Gründung 1621 bis zur endgültigen Auflösung 1831, wobei es ihm gelingt, dieses komplexe wirtschaftshistorische Thema gut verständlich darzustellen. Helge Weingärtner befasst sich mit dem „Gedächtnus Buch“ des Banco Publico und dem Nürnberger Porträtstich. Das Bancobuch entstand im Bemühen, das Andenken an die Gründer des Banco, dessen Mitglieder sowie deren Nachfolger zu bewahren. Der früheste Band, dem noch zwei weitere folgen sollten, wird heute im Germanischen Nationalmuseum verwahrt (Signatur: 2° HK 3 [1]). Das Bancobuch wurde als ein Werk der Repräsentation geschaffen, das, so Weingärtner, diejenigen Menschen im Porträt zeigt, die über Generationen hinweg bemüht waren, den Wirtschaftsstandort Nürnberg vital zu halten. Die vordringliche Aufgabe für die Forschung sieht der Autor darin, die beteiligten Künstler samt den überlieferten Rechnungsdaten mit dem Bancobuch in Einklang zu bringen. Die Fülle an Quellenmaterial in diesem Kontext müsste in Folge dieses Beitrags in einer umfassenden Studie ausgewertet werden.
Der Gründung der Nürnberger Sparkasse sind zwei Beiträge gewidmet: Rainer Mertens befasst sich mit Johannes Scharrer (1785-1844) und der Frühzeit der Nürnberger Sparkasse. Scharrer, ein aus Hersbruck stammender Hopfenhändler und einer der reichsten Bürger Nürnbergs, verfolgte das Projekt der Sparkasse, dessen Einlegerkreis auf Dienstboten und Arme in Nürnberg beschränkt sein sollte mit dem Ziel der „Erziehung der unteren Volksklasse zur Sparsamkeit“. 1823 wurde Scharrer zum Zweiten Bürgermeister gewählt, geriet allerdings aufgrund seiner weiteren Reformvorhaben zunehmend in die Kritik der Bürgerschaft und wurde nach einer Amtsperiode 1829 abgewählt. Die Sparkasse beschränkte sich in der Folgezeit auf ihre ursprüngliche Zweckbestimmung, verzichtete weitgehend auf ein eigenes Aktivgeschäft und legte die Spargelder in Staatspapiere an, was Scharrer stets abgelehnt hatte.
Arnold Otto bietet einen Überblick über die Nürnberger Geldgeschichte seit dem Jahr 1806, als das hochverschuldete Nürnberg dem Königreich Bayern zugeschlagen wurde und vollzieht die Geschichte der Sparkasse von deren Gründung bis ins 20. Jahrhundert nach. Dabei stellt er fest, dass die Sparkasse noch immer als Institut gesehen werden kann, das die Wahrnehmung von Geldgeschäften durch die Bürger der Stadt entscheidend mitprägt. Auch den Privatbanken jüdischer Inhaber widmet Otto eine Passage, was eine Verbindung zum Beitrag von Gerhard Jochem, „Kohn & Co.: Jüdische Bankiers in Nürnberg 1868-1939“, darstellt. Für weitere Forschungen sehr hilfreich ist die beigefügte Tabelle mit den Angaben zu den jüdischen Bankgeschäften nach dem Adressbuch und den Gewerbean- und -abmeldungen. Geprüft wurden die Adressbücher 1873, 1880, 1890, 1900, 1910, 1921, 1930, 1933 und 1938. Explizit weist der Autor darauf hin, dass diese Liste mit den Eckdaten der jüdischen Bankgeschäfte einen Ansatzpunkt für weitere Recherchen dieses Wirtschaftszweigs bieten soll. Als Quellen für weiterführende Forschungen können das Handelsregister und Wiedergutmachungsakten herangezogen werden.
Zu dem im Stadtarchiv Nürnberg verwahrten nichtschriftlichen Archivgut zählen auch Medaillen, Münzen, Geldscheine, Wertpapiere und Geldersatzmittel, denen sich Thomas Gilgert in einem numismatischen Streifzug durch das Stadtarchiv Nürnberg widmet. Den Schwerpunkt bilden dabei die Gepräge der seit dem 11. Jahrhundert nachweisbaren Reichsmünzstätte Nürnberg und Münzen der Reichsstadt bis 1806. Die Bestände bieten aber zusätzlich Notgeld aus der Zwischenkriegszeit oder Kleingeld aus dem Kriegsgefangenenlager Nürnberg aus den Jahren 1914 bis 1918.
Im Zusammenhang mit den im Stadtarchiv überlieferten Medaillen sei erwähnt, dass die Reichsstadt in der Frühen Neuzeit eines der bedeutendsten Zentren der Medaillenkunst in Europa war. Neben einem Überblick über die Sammlung bietet der Autor auch einen Einblick in den Stand von deren Erschließung: Die Münzen und Medaillen sind über die Archivdatenbank zu recherchieren durch eine Verschlagwortung von Personen, Orten und Motiven und ebenso durch einen Thesaurus, der die Sammlung nach Sachgruppen gliedert.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die vorliegende Norica-Ausgabe sowohl wichtige Beiträge zur Nürnberger Stadtgeschichte, als auch allgemein zur Wirtschafts- und Geldgeschichte enthält, die zu weiteren Forschungen anregen. Den Autorinnen und Autoren sei für ihre fundierten Texte gedankt, verbunden mit dem Wunsch, dass diese in Historiker- und Numismatikerkreisen weite Verbreitung finden mögen.