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Stefan Zimmermann (Hg.)
Schiebkarrenbau seit 1841. Museumsstellmacherei in Langenrehm
(Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg 103), Rosengarten-Ehestorf 2022, Förderverein Freilichtmuseum am Kiekeberg, 204 Seiten mit Abbildungen, ISBN 978-3-935096-75-1
Rezensiert von Jan Borgmann
In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
Erschienen am 28.10.2025
Seit Mitte der 1980er Jahre bereichern regionale Außenstellen die Sammlung und das Vermittlungsangebot des Freilichtmuseums am Kiekeberg. Unter dem Dach der Museumsstiftung und des Fördervereins werden heute vier Außenstellen auf dem Gebiet des Landkreises Harburg betrieben. Als jüngstes Mitglied wurde 2018 die ehemalige Stellmacherei Peters in Langenrehm bei Rosengarten in die Kiekeberger Museumsfamilie aufgenommen.
„Als ob die Zeit einfach stehen geblieben wäre“, heißt es im Vorwort des vorliegenden Bandes, verfasst vom Kiekeberger Museumsdirektor Stefan Zimmermann. Tatsächlich war nach dem Tod des letzten Stellmachers Heinz Peters in Langenrehm gleichsam eine Zeitkapsel entstanden, die nicht nur aus dem Gebäudeensemble mit Wohnhaus, Werkstatt, Lagerschuppen und einem Horizontalsägegatter bestand, sondern auch zahllose Dokumente, Fotografien und Objekte umfasste. Eine Musealisierung in situ drängte sich geradezu auf und konnte durch die Zusammenarbeit verschiedener Akteure auch schließlich realisiert werden. Das Ensemble wird aktuell im Zeitschnitt der 1930er Jahre präsentiert und ist von Mai bis Oktober sonntags für das Publikum geöffnet. Ehrenamtlich Mitarbeitende führen an den Öffnungstagen die historischen Maschinen und wesentliche Arbeitsschritte eines Stellmachers vor und erläutern die Geschichte des Betriebes.
Verdientermaßen hat das Freilichtmuseum Kiekeberg zu diesem umfassenden Museumsprojekt eine Publikation aufgelegt. Entstanden ist unter dem Titel „Schiebkarrenbau seit 1841“, einem Spruch, mit dem der Handwerksbetrieb Peters um 1950 für seine Produkte warb, ein weiterer, wertvoller Band in der ohnehin beindruckenden Schriftenreihe des Museums.
Kern des Druckwerks bilden die ansprechenden und detailreichen Fotostrecken zu Außengelände und Nebengebäude, zur Werkstatt sowie zum Wohngebäude des Anwesens in Langenrehm. Kurze, jeweils vorangestellte Erläuterungstexte ordnen die Bildsequenzen in die Betriebs- und Bewohnergeschichte ein. Die Hamburger Fotografin Antje Sauer setzte den historischen Ort mit seiner besonderen Atmosphäre, aber auch die neue museale Nutzung gekonnt und einfühlsam in Szene.
Gleichsam eingerahmt und ergänzt wird die Fotodokumentation durch kurze, jedoch prägnante und inhaltsreiche Beiträge: Anke Hufschmidt skizziert die Geschichte des Stellmacherhandwerks vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Nadine Behrmann stellt die Baugeschichte des Gebäudeensembles mit dem 1841 errichteten Wohnhaus vor. Annika Soltau, die derzeitige Leiterin der Museumsstellmacherei, berichtet zur Bewohner- und Wirtschaftsgeschichte des über fünf Generationen hinweg aktiven Handwerksbetriebes. Und Verena Pohl setzt sich mit dem in der Forschung viel diskutierten Spannungsfeld zwischen vergangenem Handwerk und seiner adäquaten Präsentation in Freilichtmuseen auseinander.
Entstanden ist eine gelungene Publikation, die dem im freilichtmusealen Kontext bedauerlicherweise doch recht seltenen Glücksfall, sowohl die Arbeits- als auch die Wohnsituation einer Landhandwerkerfamilie möglichst authentisch präsentieren zu können, durchaus würdig ist.