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Kommission für bayerische Landesgeschichte

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Aktuelle Rezensionen


Franz-Reiner Erkens

Lonsdorf, Weißeneck und Praunfalk. Studien und Quellen zu den frühen Privilegien für die Märkte im Passauer Abteiland

(Veröffentlichungen des Instituts für Kulturraumforschung Ostbaierns und der Nachbarregionen der Universität Passau 74), Passau 2024, Dietmar Klinger, 118 Seiten


Rezensiert von Gerhart Marckhgott
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 17.11.2025

Dass das Projekt „Regesten der Bischöfe von Passau“ nicht nur unmittelbar als Nachschlagewerk nützlich ist, zeigt die vorliegende Veröffentlichung, die vom Autor als Auskoppelung aus ‚seinem‘ Regestenband geoutet wird. Aus dem Haupttitel ist nicht gleich zu erkennen, dass es um eine wesentliche Facette mittelalterlicher Wirtschaftspolitik geht, nämlich die Privilegierung von Marktorten durch den Landesfürsten, in diesem Fall des heutigen Marktes Obernzell durch den Bischof von Passau. Das Privileg von (angeblich) 1263 hat für Obernzell als älteste Nennung besondere Bedeutung, was im obigen Zusammenhang eine neuerliche, intensive Untersuchung der nur abschriftlich überlieferten Urkunden durchaus rechtfertigt.

Erkens nimmt das Ergebnis der Untersuchung im Vorwort vorweg, und bereits auf Seite 20 f. des immerhin 118 Seiten umfassenden Heftes zieht er das Fazit: Die Urkunde stammt in Wirklichkeit aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Die folgenden drei Abschnitte machen den Titel der Veröffentlichung verständlich: Die Passauer Bischöfe Otto von Lonstorf, Gottfried von Weißeneck und der Notar Norbert Praunfalk sind gewissermaßen Wegmarken an der Entwicklung der 1599 ‚wiederveröffentlichten‘ Erstnennung Obernzells, deren Umfeld und Einordnung auf den folgenden Seiten diskutiert wird. Mit diesen Ergebnissen mag sich der eilige Leser begnügen.

Für Wissbegierige aber beginnt mit dem folgenden Abschnitt „Urkunden und Regesten“ eine Zeitreise von (+) 1263 bis vor 1600. 31 teilweise hier erstmals transkribierte Urkunden bilden die Quellengrundlage für die Untersuchung. In einer ungewöhnlichen, erst auf den zweiten Blick durchschaubaren Verquickung von Edition und Abhandlung werden nicht nur Text und „Apparat“ geboten, sondern zwischen letzterem und der Transkription auch eine ausführliche Darstellung der inhaltlichen Überlegungen im konkreten Zusammenhang. Diese Art der Gliederung hat einiges für sich, erspart sie doch zahlreiche Fußnoten und lästiges Hin- und Herblättern zwischen Darstellung und Edition. Zudem wird hier erkennbar, wie es mit den Mitteln der Geschichtsforschung möglich ist, aus einer späten Abschrift, also ohne „äußere Merkmale“, eine Fälschung bzw. „Verunechtung“ zu entlarven. Ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis erhöht den Nutzen des Werkes über den konkreten Anlassfall hinaus.

Gerade wegen der ‚Mehrwerte‘ dieses Heftes wäre zu wünschen, dass es möglichst bald von der papiergestützten in eine digitale, allgemein verfügbare und viel leichter recherchierbare Publikationsform übergeführt werde, denn erst im größeren Zusammenhang kann der Inhalt dieser Studie wirklich zum Tragen kommen.