Logo der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

Kommission für bayerische Landesgeschichte

Menu

Aktuelle Rezensionen


Moritz Fischer

Die Republikaner. Die Geschichte einer rechtsextremen Partei 1983-1994

Göttingen 2024, Wallstein, 616 Seiten, 42 Abbildungen


Rezensiert von Andreas Morgenstern
In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Erschienen am 28.11.2025

Waren die REP ohne ihr Gesicht Franz Schönhuber lebensfähig? Diese Frage steht über nahezu jeder Seite des Werks von Moritz Fischer. Solche Spannung zwischen Organisation und Person zu beschreiben, ist ein schwieriges Unterfangen, doch, um es vorweg zu nehmen, es gelingt dem Autor beeindruckend. Gegliedert hat Fischer sein Buch in Vorgeschichte, Frühphase (1983-1985), Aufstieg und Krise unter bayerischen Vorzeichen (1986-1988), Wahlerfolge 1989, Krisenjahre im Schatten der Wiedervereinigung und Niedergang (1992-1994).

Die zentrale Rolle Schönhubers wird bereits in der Vorgeschichte der Partei offenbar. Fischer liefert nicht eine neue Zusammenfassung von Entwicklungen der siebziger Jahre, er blickt auf Schönhuber und den späteren ersten Vorsitzenden Franz Handlos. Schönhuber wird als politischer Beobachter beschrieben, der seine Umgebung immer weniger versteht. Klug verwebt Fischer den Werdegang des noch beim Bayerischen Rundfunk prominenten Journalisten mit von ihm als Angriff auf sein politisch-historisches Selbstverständnis verstandenen Veränderungen. Linke „Phraseologie“, aber auch Unverständnis für gewachsene Sensibilität durch die „Rückkehr der Geschichte“ nach der Ausstrahlung der US-Fernsehserie „Holocaust“ lassen Schönhuber sich selbst als „Einzelkämpfer“ gegen diesen Wandel sehen. Dabei habe ihn der Gegenwind nach der Veröffentlichung seiner Vergangenheit in der Waffen-SS überrascht. Fischer bilanziert, als sich Schönhuber nun als zweifaches Opfer sah (erst vom NS-Regime verheizt, jetzt schiebe man die Schuldfrage allein auf Organisationen wie die SS und dann noch vom BR rechtlich fragwürdig außerordentlich gekündigt), habe das seine Radikalisierung befördert. Hier gelingt eindrucksvoll die Schilderung des Abschieds von Widerspruch duldender Diskussionskultur. Bereits mit dieser Hinführung (Einleitung und Vorgeschichte nehmen ein Drittel des Gesamtumfangs ein) zeigt sich das Buch auch als eine politische Biographie Schönhubers (bis 1994).

Die Namenswahl „Die Republikaner“ führt Fischer auf die Betonung gemäßigter Positionierung zurück. Als Gründungskonsens zwischen Schönhuber und Handlos galt: der Gedanke eines einheitlichen Volkswillens, Elitenkritik, Glaube an die Gestaltungsmöglichkeiten starker Persönlichkeiten, Nationalismus und Antiliberalismus, aber auch Widerstand gegen die Friedensbewegung und „grüne Gewalttäter“. Das Potential der Ausländerthematik zur Profilierung wurde erkannt, zunächst aber im Programm kaum erfasst. Der Organisationsaufbau wurde weitgehend auf Bayern begrenzt. Der Freistaat erwies sich dank einer punktuellen Akzeptanz bei den Vertriebenenverbänden als guter Nährboden.

Eine „planvolle Verschiebung nach rechts“ (S. 230), wie durch Schönhubers „Sprachpolitik“ betrieben, habe die Trennung von Handlos und der Hälfte der einstigen Mitglieder gebracht. Fischer sieht Schönhubers Übernahme des Vorsitzes als so selbstverständlich, dass er auf eine weitere Beschreibung der Vorgänge verzichtet. Dabei ist einzuwenden, dass der Autor selbst auf ständige Machtkämpfe hinweist. Zugleich „überschritten die Republikaner mit ihrer Programmatik die Grenzen zum Rechtsextremismus“ (S. 241). Mit Blick auf die prominente Einordnung als „rechtsextreme Partei“ im Titel wird das arg knapp begründet (v.a. mit einer Übersteigerung des Freund-Feind-Schemas und einem exkludierenden Volksgemeinschaftsgedanken).

Zur Bayernwahl 1986 changierte man zwischen gemäßigten Äußerungen in der Presse und radikalen Forderungen bei Veranstaltungen, wobei die Herausstellung des Asylthemas ein Alleinstellungsmerkmal bildete. Mochte der verfehlte Einzug ins Maximilianeum enttäuschen und die Partei in den Folgejahren um ihre Existenz kämpfen müssen, so brachte ein hetzerischer Wahlwerbespot vor der West-Berliner Abgeordnetenhauswahl 1989 die Partei zurück in die Schlagzeilen. In der Folge liest man einen der instruktivsten Abschnitte des Buchs – die Suche der etablierten Parteien nach einem Umgang mit den REP, mehr noch aber ihr Versuch, die Verantwortung für den Aufstieg den politischen Konkurrenten zuzuschieben.

Ab Herbst 1989 fuhr der Zug zur Wiedervereinigung. Eben noch in der Offensive, fühlte man sich wie schon in den 1980er Jahren von der medialen Öffentlichkeit ignoriert. Das knappe Scheitern bei der Bayernwahl 1990 sieht Fischer bereits als Anfang vom Ende. Die vom Einheitsprozess überlagerte Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung, insbesondere die seit dem Fall des Eisernen Vorhangs gesteigerte Zuwanderung, hätten jedoch 1991 nochmals ein Zwischenhoch erbracht. Die REP wandelten sich von der Protestpartei zur monothematischen Anti-Asyl-Partei, doch blieb der Erfolg auf die Wahl in Baden-Württemberg 1992 beschränkt. Zusätzlich aber habe der Stuttgarter Landtagseinzug den Druck auf Schönhuber erhöht, eigene Wahlsiege zu liefern.

Ein Treffen mit Gerhard Frey bot 1994 den Anlass, den Abgang des Mandatsgewinne nicht liefernden Schönhubers zu erzwingen. Nachfolger Rolf Schlierer sei jedoch nie aus Schönhubers Schatten getreten, weshalb seine Jahre für Fischer nur noch zum Nachspiel der Parteigeschichte taugen. Das verwundert. 1994 endet die Rolle Schönhubers, nicht aber die der Partei. 1996 gelingt erstmals einer Rechtsaußenpartei in der Geschichte der Bundesrepublik ein erfolgreicher Wiedereinzug – doch dieser Erfolg Schlierers in Baden-Württemberg wird leider nicht mehr bearbeitet.

Für den Autor sind Schönhuber und die REP untrennbar verwoben. Die Partei ohne ihr wichtigstes „Gesicht“ gibt es für ihn nicht. Trotz kleinerer Einwände: Hier liegt eine herausragende historische Studie zu den Republikanern der 1980er- und frühen 1990er Jahre vor.